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"FÜRST PÜCKLER"

Voraus die nüchternen biographischen Daten des Fürsten Hermann Ludwig Heinrich Pück1er: Geboren am 30.10.1785 auf Schloss Muskau in der Oberlausitz, Studium in Leipzig, Rittmeister des Dresdner Garde-Corps, 1811 nach dem Tod seines Vaters Besitzer der Herrschaft Muskau und Branitz, 1813 Major in russischen Diensten, später Militär- und Zivilgouverneur in Brügge, 1817 Heirat mit Lucie von Pappenheim (Tochter des preußischen Staatskanzlers von Hardenberg), 1822 in den Fürstenstand erhoben, 1826 Scheidung, 1845 Verkauf von Muskau, neuer Wohnsitz Schloss Branitz bei Cottbus, 1854 Tod Lucies, Teilnahme am Krieg von 1866 im preußischen Generalstab, gestorben in Branitz am 4.2.1871.
Das sind die äußeren Fakten eines Lebens, das zu den interessantesten und faszinierendsten des 19. Jahrhunderts zählt. Pückler selbst hat in zahlreichen Briefen und Tagebucheinträgen Einzelheiten zu seiner Biographie mitgeteilt: "Schon im fünften Jahre wurde ich Ärmster als lästig aus dem Hause getan, und einem Hofmeister übergeben. Nicht täglich sah ich meine Eltern. Dennoch Zeuge ihrer früheren Misshelligkeiten, denn sie passten nicht füreinander, sandte man mich zwei Jahre später - einen Knaben vom wildestem Temperament, in dem jedoch viele gute Keime lagen - einer Herrnhutischen Heuchelanstalt zu, die für mich passte wie kaltes Wasser auf einen heißen Stein. Hier ward ich erst ein in Christus verliebtes Schwärmerlein, dann in der natürlichen Stufenfolge ein zu früher Liebesschwärmer, endlich, nachdem ich unterdessen mehrere Schulen und Universitäten mit einer Menge elender Hofmeister besucht, zum Heucheln unfähig, ein Sinnenmensch, der das Glück nur im Genuss suchte, aus Eitelkeit und Mode Weiber verführte und sich mit Männern schlug ..." Dieses Resümee zieht Pückler als Vierzigjähriger, in der Mitte seines Lebens. Wenig später lässt er sich von einem Graphologen Egoismus und Stolz attestieren ("auf wirkliche Ausdauer der Gefühle in Liebe wie Freundschaft (ist) nicht sehr bei ihm zu rechnen ... Endlich ist ein gewisses Raffinement im Gebiet der Wollust und des Wohllebens nicht zu verkennen"). Schon in jungen Jahren zeigt sich der Hang zur Verschwendung. Sein Vater klagt: "... Mein Sohn erlaubt sich alles, um Geld zu bekommen. Er hat nicht allein schöne Güter, die mir gehören, sondern auch einige, die mir nicht gehören, verpfändet." Er zieht es vor, inkognito zu reisen, um Auseinandersetzungen mit lästigen Gläubigern aus dem Weg zu gehen.
Der Sohn hofft indes, durch den Besitz Muskaus und durch eine reiche Heirat, seine "Umstände zu verbessern". Doch weder der Tod seines Vaters noch die Ehe mit der neun Jahre älteren Lucie werden seine finanzielle Situation entscheidend verändern. Das Vermögen seiner Frau ist rasch vertan. Im Kampf mit dem "feindlichen Metall" sieht er sich auf der Verliererseite. Schulden, Hypotheken und Bankrott sind Formulierungen, die nun immer häufiger in den Briefen auftauchen. "Wasser und Brot wird wohl am Ende allein noch übrig bleiben", schreibt er resignierend. Ein "Leben à la Damokles" scheint ihm bevorzustehen.
Doch in dieser Situation erweist er sich als wahrer Lebenskünstler. Ungeachtet der Schulden, die bis 1823 die stolze Höhe von 500000 Talern erklettern, lebt er standesgemäß, "arm, aber von Luxus umgeben", wie er es pointiert formuliert, vornehmlich in Berlin, wo er seinen "Geschäften", der Jagd nach Posten und Titeln, nachgeht. Mit Oper und Theater, L'Hombre und Hazard vertreibt er seine Tage und Nächte, eilt von Visite zu Visite, von Ball zu Ball, verkehrt mit der Creme des preußischen Adels, ist häufiger Gast beim König und bei den Prinzen. Vor allem die Damenwelt schätzt den witzigen und charmanten Unterhalter und Liebhaber. Lucie, die ihre Tage meist "hausmütterlich" im einsamen Muskau zubringt und die ihn zur Sparsamkeit und Mäßigung mahnt, hält er entgegen: "Ich bitte nun vor allem, mir keine Moral über das Dutzend Pferde zu predigen, sondern Dich mit mir zu freuen, dass ich nun einmal meine Lust am Reiten recht genießen kann." Und mit entwaffnender Direktheit: "Übrigens ist es allerdings ein Unglück, dass wir beide geborene Verschwender sind, und dies ist der eigentliche Abgrund". Er empfiehlt ihr: "Sei heiter, sanft und folgsam wie das Ideal einer Ehefrau
Als der Schwiegervater Hardenberg stirbt, folgt eine weitere Enttäuschung: Lucie muss sich als "gänzlich" enterbt betrachten. "Ich fühle, dass der Besitz von Muskau unser Unglück und die Quelle unversiegbaren Elends ist", sinniert Pückler und schmiedet Verkaufspläne. Doch unverhofft scheint sich eine Lösung anzubahnen. In der Berliner Gesellschaft vernimmt er das Lob reicher unverheirateter Engländerinnen, und die Versuchung wächst, sich ein zweites Mal über eine "Konventionsehe" zu sanieren. Er drängt Lucie, ihm die "Freiheit" zurückzugeben. Sie willigt schließlich in die Trennung "aus zärtlichster Liebe" ein.
Vorsorglich bittet Pückler den König um Ernennung zum General oder doch wenigstens um einen Orden, denn dies würde auf die Gesellschaft jenseits des Kanals seiner Meinung nach "elektrisch" wirken. Von den europäischen Journalen bespöttelt lässt er dann 1827/28 "potente" Kandidatinnen an sich vorbeidefilieren (in acht Monaten bringt er es auf 1400 Visiten), doch die gewünschte Kombination jung, attraktiv und vor allem vermögend will sich nicht finden. "Unter 50000 (Pfund) mag ich meine Freiheit nicht weggeben", vermerkt er enttäuscht. Er kehrt schließlich unverrichteter Dinge zu Lucie zurück und "Philemon und Baucis gleich" verbringen sie ihre künftigen Tage, ohne sich allerdings erneut miteinander zu verheiraten.
Durch Einnahmen aus seiner Schriftstellerei entspannt sich die finanzielle Lage vorübergehend, doch erst der Verkauf von Muskau 1845 enthebt ihn aller Sorgen. Er dankt Gott, "im sechzigsten Jahr endlich dahingekommen zu sein, niemanden mehr etwas zu schulden, und genug zu besitzen, um ein freundliches Quartier, einen schmackhaften Tisch und einige Pferde haben zu können, alles in vollkommenster Freiheit und mit genug Überschuss, um auch Notleidenden Hülfe gewähren zu können". Er erlöst 1170000 Taler; nach Abzug aller Schulden verbleiben ihm 500000.
Berühmt gemacht hat Pückler indes weniger seine "standesgemäße" Lebensweise, nicht sein Byronscher Hang zum Makabren (eines Tages lässt er die Särge der Familiengruft öffnen und hält zu mitternächtlicher Stunde Zwiesprache mit seinen vermoderten Ahnen), bekannt wird er durch die Gartenschöpfungen in Muskau und Branitz und durch seine Reisen, die nach dem Urteil Laubes "immer mehr ins Kolossale geraten" und die ihn in die Länder der Alten Welt, nach Nordafrika und in den Vorderen Orient führen. Stets sucht er das Abenteuer, das außerordentliche Erlebnis, ob er nun 1835/36 in das Gebiet der feindlichen Beduinen und Kabylen vordringt oder 1837 in Ägypten als Gast des Vizekönigs Mehemed Ali seiner Jagdleidenschaft frönt (auf die einzelnen Wochentage verteilt sieht sein "Plan" folgendermaßen aus: Krokodile, Strauße, Nilpferde, Antilopen und Parforcejagd auf Giraffen). 1839/40 kehrt er nach Europa zurück, orientalisch gekleidet, im Gefolge einen Strauß, einen Papagei, ein Krokodil, eine Riesenschildkröte, ein Dromedar, zwei Affen, zwei Gazellen, diverse arabische Vollblüter und - als kostbarstes Mitbringsel - eine junge hübsche Abessinierin, die er auf dem Sklavenmarkt von Gontar gekauft hat.
Bereits 1808 trägt sich Pückler mit Plänen, seine Erlebnisse schriftlich niederzulegen und zu publizieren, Pläne, die allerdings erst 1830/31 mit den "Briefen eines Verstorbenen" (4 Bde.) verwirklicht werden. Das Buch wird rasch zum "Bestseller" der damaligen Zeit. Es stellt den Fürsten würdig an die Seite seines literarischen Ahnherrn Seume. Heine hat es mit "Vergnügen" gelesen und fühlt sich Pückler "wahlverwandt". Goethe schwärmt: "Ein für Deutschlands Literatur bedeutendes Werk" und er nennt den Fürsten einen "edlen Scheintoten", der auf "seinen zurückgelegten Reisewegen freudig von mir begleitet ward". Die moderne Literaturkritik würdigt die Briefe als eines der "charmantesten Dokumente der deutschen - und nicht nur der deutschen - Briefliteratur"; sie bestechen durch ihre "schriftstellerische Qualität, durch ihre mühelospräzise Kraft der Beschreibung" (Kindlers Literaturlexikon).
In rascher Folge erscheinen "Tutti frutti" (5 Bde., 1834), "Jugendwanderungen" (1835), "Vorletzter Weltgang von Semilasso" (1835, 3 Teile, der vorliegende Nachdruck umfasst den 1.), "Semilasso in Afrika" (5 Bde., 1836), "Der Vorläufer" (1838), "Südöstlicher Bildersaal" (3 Bde., 1840/47), "Aus Mehemed Alis Reich" (3 Teile, 1844), "Die Rückkehr" (3 Teile, 1846/48). Der große Erfolg des Erstlings will sich jedoch nicht wieder einstellen, ja die Literaturgeschichte wird den "rapiden Schnellschreiber" später sehr zu Unrecht nur am Rande abhandeln. Erst in unseren Tagen verhelfen die Medien Rundfunk und Fernsehen dem "Verstorbenen" zu einer unverhofften Auferstehung.
Für den kompendiösen neunbändigen schriftlichen Nachlass (1873/76, Nachdruck 1971) gilt, was bereits über die "Briefe eines Verstorbenen" gesagt wurde. So gewandt wie Pückler in seinen zahlreichen Duellen Säbel und Pistolen handhabt, so virtuos beherrscht er in den Briefen und Tagebucheinträgen sein stilistisches Metier. Es sind kleine Kunstwerke: witzig, brillant (soweit an männliche Partner gerichtet), leidenschaftlich, poetisch (wenn Damen die Empfänger sind, was bei weitem überwiegt).
Zu den Briefpartnern zählen so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Bettina von Arnim, die "Marlitt" (Eugenie John), Alexander von Humboldt, Goethe, Heine, E. T. A. Hoffmann, Mehemed Ali (Statthalter von Ägypten), Metternich, Bismarck, die preußischen Könige Wilhelm III. und IV., Kaiserin Augusta (damals Prinzessin der Reußen), Schinkel, David Friedrich Strauß, Franz Liszt u. a.
In einem einzigartigen Psychogramm ist seine Beziehung zu Lucie nachgezeichnet, von den schwärmerischen Brautbriefen bis zur schonungslos offenen Konfession des treulosen Lebemanns: "Du bist mir fast alles in der Welt, nur in Einem liebe ich eine andere." Überhaupt nimmt die Liebe, die sinnliche wie die platonische Spielart, einen breiten Raum in seinem Leben ein. "Wissen Sie wohl noch..., dass ich schon im siebenten Jahr mich in Herrnhut sterblich in Sie verliebte, als wir noch beide in religiös-sinnlichen Entzündungen schwärmten. Sie zerflossen in Tränen, schön wie eine zerknirschte Heilige, und ich in Liebe... Als Sie herausgingen, noch immer weinend, drängte ich mich an Ihr schwarzseidenes Gewand, und elektrisch getroffen, fühlte ich zum ersten Mal, was Wollust sei", beichtet er einer ehemaligen Schulfreundin. Das "Liebesfieber" wird ihn bis ins hohe Alter nicht mehr loslassen. Immer wieder tauchen Frauen in seinem Leben auf, die ihn fesseln und faszinieren. Die Zahl seiner Verhältnisse, so hat man nachgerechnet, soll die eines Jupiter (!) und Don Juan zusammengezählt bei weitem überstiegen haben. 1866 bemerkt der Achtzigjährige ironisch seufzend: "In Berlin verliebte ich mich, hoffentlich zum letzten Mal. Es war ein reizendes Wesen, erst 22 Jahre alt, frisch, schön und gut, und so schön, dass sie den besten Statuen des Altertums gleichkam." Zwei Jahre später gesteht er seiner Brieffreundin Marlitt: "Verliebt war ich oft, und auch sehr sinnlich und phantastisch, wovon ich selbst jetzt noch nicht ganz gebessert bin." Und in einem Brief an seine spätere Biographin Ludmilla Assing vom gleichen Jahr bricht unverhüllte Begehrlichkeit hervor: "Ach wie gern flöge ich, als gesunder und mutwilliger Vogel zu Ihnen, und beobachtete Sie im Anfang incognito während Ihres Meerbades im feenhaften Morgenglanz." Er ist jetzt immerhin 82 und hofft, sich durch Liebe verjüngen zu können. Doch er bleibt zeitlebens ein "Utopist in eroticis", zwischen den Gegensätzen Bindung und Freiheit hin und hergerissen.
Die nachgelassenen Briefe geben einige interessante Ergänzungen zur Frankenreise im "Semilasso"; wir erfahren, warum dieser Landschaft ein so ungewöhnlich breiter Raum gewidmet ist. Lucie schreibt am 22.6.1834 an Pückler: "Alle Orte, die Du beschreibst, sah ich damals." Ihr Vater Hardenberg war von 1790 bis 1807 Minister in Bayreuth; aus dieser Zeit ist ihr auch Alexandersbad vertraut. Durch ihre frühere Ehe mit dem Reichsgrafen von Pappenheim wurde ihr die Altmühltallandschaft zur zweiten Heimat.
Am 18.6.1834 berichtet Pückler aus Bamberg: "Hier gefällt mir's außerordentlich, und wie viel lieber lebte ich hier mit der Schnucke (Lucie) als in Berlin ... Wie vortrefflich alles zum Leben!" Eingehend besichtigt er das Naturalienkabinett ("das bestunterhaltene, das ich je gesehen"). Auf dem Bamberger Volksfest macht er die Entdeckung eines der "schönsten
Mädchen". Er fügt jedoch hinzu: "Ich war aber auch selbst sehr artig in B., sehr herablassend, ohne Anwandlung von beleidigtem Hochmut, weil mich alles fetierte." Bei seinem Zusammentreffen mit dem amerikanischen Konsul schmiedet er Pläne für eine Reise über den Ozean (dieses Vorhaben scheitert zwar, die Vorliebe für die Vereinigten Staaten jedoch bleibt; 1848 notiert er fast prophetisch in sein Tagebuch: "In hundert Jahren enthält vielleicht Amerika mit seiner steigenden Macht nur stolze Monarchien, Europa arme Republiken"). Wie im "Semilasso" ist es die "herrliche Gegend", die ihn begeistert. Er fühlt sich "glücklich in der romantischen Umgebung", in der "schönen Natur" der Fränkischen Schweiz. Doch die Bamberger Tage verlaufen nicht ungetrübt, bringt ihn doch die Krankheit seines Dieners um die "glänzendste Gelegenheit, ... , die mir noch je vorgekommen war, unseren Hauptplan (sich erneut zu verheiraten) endlich zu erreichen". Dies und die Reisevorbereitungen lassen Lucie tief betroffen reagieren: "Was ist diese Trennung, außer ein halber Tod!"
Im August 1834 unternimmt Lucie selbst eine Reise durch Franken. Sie erinnert sich: "Ich fuhr durch alle die Gegenden, wo ich einst jung und blühend, hoffnungsvoll und herrlich gewesen, bis an die Gränze der Grafschaft Pappenheim. Da wurde mir's aber wie ich die alten Berge und Täler, die Dörfer und Kirchtürme erblickte, den Fluss der Altmühl in hellster, stiller Vollmondsnacht, bis aufs Innerste der Seele weh und immer weher! Zwei meiner Kinder liegen dort in der Gruft von vielen Tränen bedeckt... Wie viel sonst dort begraben liegt an Freunden und an Freuden, kannst Du denken, der das jugendliche immer nur zu tief empfindende Herz Deiner Freundin kennt."
Von zahlreichen Durchreisen einmal abgesehen, die keine schriftlichen Spuren hinterlassen, hält sich Pückler noch 1848 und 1854 in Franken auf (über den letztgenannten Besuch schreibt er an Heine, dass er den ganzen Sommer über "zu Pferde und zu Fuß in der Schweiz, am Bodensee, und in der Nürnberger Alp umherirrte"). 1848 fährt der Fürst von Frankfurt aus über Aschaffenburg, wo er den Schönbusch besichtigt, nach Bad Kissingen, dessen schöne Umgebung er "ad notam nimmt. In Bamberg besucht er den Kunstsammler Heller und lässt sich Dürerzeichnungen vorlegen. Durch den "reizenden Talgrund" der Regnitz geht es über Erlangen nach Nürnberg. Im nahen Burgfarrnbach sucht er seinen Vetter auf und ist erstaunt über das "schlechte häusliche Leben des hiesigen Adels. Ein Diner wie bei einem Pächter, auch ganz bäurisch serviert, zum Getränk stand zwar ordinairer saurer Frankenwein auf dem Tisch, niemand trank aber etwas anderes wie Bier, das in hörnener Flasche neben einem auf dem Boden hingesetzt wurde. Nur mir wurden die Bestecke gewechselt." (Pückler bewirtete beispielsweise am 28.2. 1846 seine Gäste folgendermaßen: diverse Suppen vom Krebs bis zur falschen Schildkröte, Austern und Lachs als Vorspeise; Kalbskeule, Truthahn mit Trüffeln, Lammkoteletts, Rebhuhnpastete und Rehbraten als Hauptgerichte, dazu Lattichsalat und Spargel, ferner fünf verschiedene Käsesorten vom Rochefort bis zum Stracchino; als Nachspeise Gefrorenes).
Franken bietet Pückler zahlreiche Gelegenheiten, seiner "Gartenpassion" zu huldigen, angefangen von der Eremitage in Bayreuth bis zur Würzburger Residenz, eine der wenigen Anlagen, die sein Gefallen findet. Die Vorbilder für seine eigenen Ideen hat er jenseits des Kanals kennen gelernt. Und er begegnet ihnen wieder in der "romantischen" Landschaft der Fränkischen Schweiz, in die er manchmal gestaltend eingreifen, die er allzu gern nach Muskau transponieren möchte. In der Nähe Muggendorfs gefällt ihm die Szenerie des Wiesenttals: "Ich studierte hier lange die Krümmungen des Flusses für meine Anlagen und zeichnete sie mir ab, denn selten wird man ein besseres und mannigfaltigeres Modell dafür finden." Die Voraussetzungen in der Muskauer Heide sind alles andere als gut. Doch in wenigen Jahren gelingt es Pückler, unter Einsatz enormer Mittel - er selbst spricht von einer Million Taler - aus einer ebenen nur mit Kiefern bestandenen sandigen "Wüste" ein Juwel zu schaffen, das zum Vorbild europäischer Gartenkunst im 19. Jahrhundert wird. Das einzigartige Programm ist in den "Andeutungen über Landschaftsgärtnerei" (1834) schriftlich niedergelegt. Nach dem Verkauf von Muskau verwirklicht er seine Vorstellungen in bescheidenerem Umfang in Branitz, dem "kleinen Eden", wie es die Marlitt nennt. Wie der Baron in Tiecks "Jahrmarkt" hält er Ausschau nach Fremden, um ihnen seine Kostbarkeiten zu zeigen und er glaubt, durch seine Gärten den Himmel mehr verdient zu haben als durch 100000 Gebete.
Im hohen Alter mischen sich dunkle Farben in das heitere, sinnenfrohe Bild. Mehr und mehr beschäftigt er sich mit theologischen und philosophischen Problemen. Immer häufiger wird er von Krankheiten gepeinigt, beschleicht ihn Todessehnsucht. "Gräber sind die Bergspitzen einer fernen schöneren Welt", lässt er auf eine Pyramide in Branitz meißeln. Am 4.2. 1871 schließen sich seine Augen für immer. Sein Tagebuch hat er mit den Worten beendet: "Kunst ist das Höchste und Edelste im Leben, denn es ist Schaffen zum Nutzen der Menschheit. Nach Kräften habe ich dies mein langes Leben hindurch im Reiche der Natur geübt."
(Hans Baier: Fürst Pückler reist in Franken. Nachwort. Erlangen 1982).


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