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Fränkische Gärten der Vergangenheit
"... da steht er also und gähnt und gähnt, und sieht sich oben im Turm fast die Augen nach allen Richtungen aus, ob denn nicht von Süden oder Norden oder Nordwest und Süd-Süd-Ost eine Caravane anlangt, oder ein Reiter, oder mindestens doch ein Fußgänger, der wohl bei ihm einkehren und seine Zaubereien bewundern möchte. Wenn er nur dürfte, so ließe er es als Gesetz auf den Landstraßen anschlagen, dass niemand bei Lebensstrafe durchreisen dürfte, ohne seinen Garten zu betrachten." Aus: Ludwig Tieck: Der Jahrmarkt 1831.
Die Geschichte der fränkischen Gärten beginnt in bescheidenem und beengtem Rahmen auf den Burgen des Mittelalters. Erst die Residenzen der Renaissance bieten die Voraussetzung für repräsentative Anlagen. Städte und private Gelehrte stehen nicht zurück. "Die Schönheit der Bamberger Gärten fällt angenehm ins Auge", lobt Albrecht von Eyb 1451 und Eobanus Hessus rühmt die hängenden Gärten auf der Burg zu Nürnberg.
Die Blütezeit jedoch fällt in das 18. Jahrhundert. In Gaibach und Seehof erreicht der geometrische "französische" Stil seinen Höhepunkt. Die Gärten jener Zeit werden zum bevorzugten Schauplatz fürstlicher Repräsentation. Die barocken Prunkräume setzen sich ins Freie fort. Über eine Treppe gelangt man vom Hauptsaal des Schlosses in die Parterrezone, die mit Bassins, Springbrunnen, kunstvoll bepflanzten Blumenbeeten und farbig bemalten Skulpturen geschmückt ist. In der Boskettzone hingegen bilden hohe Heckenwände und beranktes Lattenwerk grüne Räume. In kunstvoll ausgeschnittenen Nischen versammelt sich die steingewordene "ovidische" Götterwelt. Im Innern der Boskette laden Sitzplätze, Pavillons und Lauben zum Verweilen; tiefer liegende Rasenstücke, Wasserbecken und einzelne Zierbäume füllen die Freiflächen. Für Unterhaltung sorgen Heckentheater, Irrgarten und Spielplatz mit Schaukel und Karussell. Orangerie, Grotten und aufwendige Wasserkünste überraschen den Besucher. Auf den Kanälen liegt eine kleine Flotte "vor Anker". Von den Bosketten aus führen Wege in die umliegende parkähnlich gestaltete Landschaft.
"Dein Garten ist sehr schön geschmückt!
Hier Statuen und dort Cascaden;
Die ganze Götterzunft, hier Faunen, dort Najaden,
Und schöne Nymphen, die sich baden;
Und Sand, vom Ganges hergeschickt,
Und Muschelwerk und güldne Vasen
Und Porcellan auf ausgeschnittnem Rasen
Und buntes Gatterwerk, und - eines such ich nur -
Ist's möglich, dass was fehlt? Nichts weiter - die Natur!"
Als der französische Stil seinen Höhepunkt erreicht, ist er auch schon überholt. Die fehlende Natur, die Christian Felix Weisse 1772 bemängelt, hat schon ein halbes Jahrhundert vorher ihren Einzug in die Gärten gehalten. Zunächst unbemerkt vom übrigen Europa entwickelt sich in England ein neuer Stil, der die Abkehr von der starren und ermüdenden Geometrie des Barocks bedeutete: Der Landschaftsgarten. Die geraden Wege machen verschlungenen Pfaden Platz, aus den Bassins werden Seen mit reizenden Inselchen, aus den Kanälen Bäche und aus den Kaskaden romantische Wasserfälle. Die regelmäßigen Flächen, die beschnittenen Hecken und gestutzten Bäume verwandeln sich in eine malerische Ideallandschaft mit sanften Hügeln, idyllischen Wäldchen und Felsgruppen. Die Architektur und der bescheidene Skulpturenschmuck ordnen sich unter, das Schloss verliert seine dominierende Stellung. Innerhalb weniger Jahre tritt der englische Garten seinen Siegeszug durch Deutschland an. Die barocken Anlagen werden als unnatürlich und langweilig verspottet und dem Zeitgeschmack folgend in Parks umgewandelt. Nur wenige Kritiker stellen sich gegen die Diktatur des neuen Stils, unter ihnen der Romantiker Tieck. Im "Phantasus" bedauert er die "seltsame Verirrung", die viele barocke Gärten vorsätzlich vernichte, "um eine unerfreuliche Verwirrung von Bäumen und Gesträuchen an die Stelle zu setzen, die man nach dem Modeausdrucke Park benamt, und so bloß einer toten Formel frönt, indem man sich im Wahn befindet etwas Schönes zu schaffen."
Heute steht man den verschiedenen Stilrichtungen, was Restaurierung und Unterhalt betrifft, tolerant gegenüber. Der "Baron" in Tiecks "Jahrmarkt" würde seine Eremitage und manch anderen glanzvoll wiedererstandenen Garten nicht wieder erkennen. Er würde aber auch zahlreiche zu seiner Zeit berühmte Anlagen vergeblich unter den heutigen Sehenswürdigkeiten Frankens suchen.
Der Eichstätter Hofgarten
Zwischen 156o und 1590 lässt Fürstbischof Martin von Schaumberg auf der Eichstätter Willibaldsburg "Gärten, Lust- und Sommerhäuser von Grund auf fürstlich erbauet" anlegen. 1597 gewinnt Johann Konrad von Gemmingen den Nürnberger Apotheker Basilius Besler für die Neuordnung und Erweiterung. Unter Beslers Anleitung und Aufsicht entsteht einer der berühmtesten botanischen Anlagen der damaligen Zeit. Zeitgenossen vergleichen sie mit den Rosenhainen von Paestum und den hängenden Gärten der Semiramis. Bei der Belagerung der Burg durch die Schweden werden die Pflanzungen 1633 schwer in Mitleidenschaft gezogen. Heute erinnert an den Garten nur noch das Blumen- und Pflanzenbuch "Hortus Eystettensis" das von Besler 1613 zum ersten Mal herausgegeben wurde.
Bereits vor der endgültigen Verlegung der fürstbischöflichen Residenz von der Willibaldsburg erlischt das Interesse am "Hortus". Anfang des 18. Jahrhunderts gibt Johann Eucharius Schenk von Castell den Auftrag, im Osten wenige Schritte vor den Toren der Stadt einen neuen Garten einzurichten, der später umgestaltet und 1735 im Norden mit der Sommerresidenz der Fürstbischöfe einen repräsentativen Abschluss erhält. Die rechteckige mit 6 Springbrunnen geschmückte Anlage wird im Süden gegen die Altmühl durch 3 reizende Pavillons begrenzt. Der Garten nimmt genau die Breite der Residenz ein; Johann Anton von Zehmen lässt ihn später nach Westen zu vergrößern.
Der Erlanger Gelehrte Friedrich Karl Gottlob Hirsching bemerkt 1790, dass den Garten "zwar nicht seine vorzügliche Größe und kostbaren Gebäude, wohl aber der gute Geschmack und die Niedlichkeit, die darinnen herrschen, sehenswürdig machen". Klement Alois Baader, der Verfasser des "Gelehrten Baiern", findet bei seinem Besuch im Sommer 1790 den Garten "ganz artig angelegt" und gibt eine kurze Beschreibung.
Ausführlicher werden wir von einem Einheimischen, dem Rebdorfer Historiker Andreas Strauß, unterrichtet. Er weiß 1791 in seinem Stadtführer zu berichten: Der Garten sei "mit verschiedenen Fontainen, mit artigen steinernen kleinen Statuen, die Bildhauer Berg verfertigte, und worunter sich ganz vorzüglich die Nacht und ihr schönes durch einen steinernen Schleier hervorsehendes Angesicht auszeichnet" geschmückt. Die "Lusthäuser" sind "nach dem feinsten Geschmack mit Fayencefiguren und verschiedenen recht lebhaft gemachten Insekten verzieret. Fürstbischof von Zehmen, der höchstselige Fürst, schlug gar seinen Sommeraufenthalt in diesem Garten auf und ließ ihn mit verschiedenen Irrwegen, mit angenehmen Waasenbassinen und Vertiefungen, mit eisernen Gittern durch die Gartenmauren, welche Aussicht und frische Luft verschaffen u. d. gl. bereichern und erst im Sommer 1789 ein ganz niedliches Schießhaus aufrichten."
Die Säkularisation bringt für Eichstätt das Ende der fürstbischöflichen Herrlichkeit. Doch noch einmal füllt sich der stille Park mit Leben. Eugène Beauharnais, Stiefsohn Napoleons, erhält 1817 als Herzog von Leuchtenberg das Fürstentum Eichstätt zugesprochen. Indessen "die freundlichen Hügel des Altmühltales bilden die Kulisse einer kurzwährenden Idylle der Resignation" (Th. Heuss). 1824 stirbt der Fürst, erst dreiundvierzigjährig.
Durch Beauharnais ist der Garten in die Literatur eingegangen. Die Pappenheimer Dichterin Sophie Hoechstetter, zu ihrer Zeit viel gelesen, schildert in der Novelle "Reise nach Eichstätt" (1925) den Besuch der Ulrike von Genthin aus der Uckermark bei ihrer Tante Frau von Attmanshofen in der kleinen Bischofstadt. Da Ulrike nicht nur jung, sondern auch hübsch war, konnte es nicht ausbleiben, dass der Herzog auf sie aufmerksam wurde und an ihr Gefallen fand. Der Hofgarten bildet die romantische Szenerie zu dieser Liebesgeschichte. Ulrike denkt noch nach Jahren gerne zurück: "Und da war auch ein Park, der sich im Erinnern weitete wie zu paradiesischen Gärten - und dort ging einst im Exil, fern von Paris, fern seinem Vaterland, der Held so vieler Schlachten, der edle Eugène Beauharnais. Und er hatte einmal mit seinen sanften Händen einem jungen Mädchen wieder den Weg in die Heimat gezeigt."
Dem "paradiesischen" Rokokogarten indessen kann Beauharnais keine Liebe entgegenbringen. Er lässt die Steinfiguren herausnehmen und das verhältnismäßig kleine Areal zu einem "englischen" Park aufforsten. Die heitere Architektur der Residenz, die ihre Fortsetzung in der verspielten Geometrie der Wege und Boskette fand, wird im Laufe der folgenden Jahre von einem düsteren Hochwald erstickt, die Verbindung zu den Pavillons auf triviale Weise unterbrochen. 1872 "degradiert" man die Residenz zur Kaserne und zieht zum Garten hin eine hohe Mauer ein, um den dadurch gewonnenen Exerzierplatz vor neugierigen Blicken zu schützen. In dem verbliebenen bescheidenen Gartenrest breitet sich Verwilderung aus, die Fontänen verfallen. Nur noch wenige Besucher finden den Weg in den "reizenden kleinen Park, der von sich selbst nichts mehr weiß" (Hausenstein).
Eine in den letzten Jahren durchgeführte vorläufige Restaurierung wollte wenigstens den ursprünglichen Zustand andeuten. Der Hochwald wurde gelichtet, ein geometrisches Wegenetz sollte an den alten Rokokogarten erinnern. Für den Bürger, der Bäume, Schatten und Kinderspielplätze über alles liebt, ein "geglückter", für den Kunstfreund und Gartenkenner ein unbefriedigender Versuch, dem noch dazu der Ruch der Endgültigkeit anhaftet. Mut und Kunstverstand vorausgesetzt, hätte der Eichstätter Hofgarten wieder ein Kleinod werden können. So verwandelte er sich in einen stillosen Provinzpark, dem jede Romantik abgeht, sosehr man auch auf dem Papier "Zauberflötenszenerie" und "Eichendorffstimmung" beschwört. Was ihm bleibt, ist die Hoffnung auf ein glücklicheres Geschick.
Der Hofgarten in Ansbach
An einem stürmischen Dezembernachmittag des Jahres 1833 geht im Ansbacher Hofgarten das wohl spektakulärste Verbrechen des Jahrhunderts über die Bühne. In einem Laubengang in der Nähe des Uzschen Denkmals wird Kaspar Hauser von einem Fremden niedergestochen. Er kann sich in das Haus seines Pflegevaters Meyer zurückschleppen und zeigt stammelnd auf die Wunde: "Hofgarten gegangen - Mann - Messer gehabt - Beutel gegeben - gestochen - ich laufen, was könnt' ..." Ein unbekannter Bote habe ihm vor einigen Tagen den Treffpunkt mitgeteilt, so erinnert er sich: "Eine schöne Empfehlung vom Herrn Hofgärtner, und ich sollte so nach 3 Uhr in den Hofgarten hineingehen, wo mir die Tonarten am Artesischen Brunnen gezeigt würden."
Drei Tage später, am 17.12.1833, stirbt das "Kind von Europa". Hic occultus occulto occisus est (Hier wurde ein Unbekannter von einem Unbekannten ermordet) steht auf dem Denkmal zu lesen, das später an der Mordstelle errichtet wird. Eine Unzahl von Kriminalisten und Historikern versuchte seitdem, die dunkle Herkunft und den rätselhaften Tod Hausers zu lösen. Auch die Literatur bemühte sich, das Ihre dazu beizutragen: Ludwig Bechstein (1854), Paul Verlaine (1881), Jakob Wassermann (1907/08), Georg Trakl, Sophie Hoechstetter (1925), die ihre Romane und Novellen verschiedentlich im Ansbacher Hofgarten spielen lässt, Klaus Mann (1925), Ruth Schaumann (1936) und Peter Handke (1968); nicht zuletzt Taut-Wolf mit ihrem Buch "XY löst den Fall Kaspar Hauser" (1969). Doch alles bleibt scharfsinnige Spekulation und geistreiche Erfindung. Das Rätsel wird nicht gelöst. Der einzige Erfolg: Die stille, verschlafene Residenzstadt und ihr Hofgarten werden über Nacht in aller Welt berühmt. Von der zufälligen Verknüpfung mit der Affäre Hauser abgesehen, zeigt die Geschichte des Ansbacher Hofgartens zahlreiche Parallelen zu anderen fränkischen Gärten. Seine Anfänge fallen noch in das 16. Jahrhundert. 1594 wird ein Pomeranzengarten mit "Lusthaus" und Spielplatz angelegt. Im 17. Jahrhundert kümmert sich der markgräfliche Leibmedikus Johann Laurentius Laelius, der sich durch anatomische und chirurgische Schriften einen Namen machte, um die Ausgestaltung. Markgräfin Christiane Charlotte (1723-1729) lässt eine 550 Meter lange Lindenallee pflanzen, die im Osten in einem Rondell endet. Dieser so genannte "Grüne Dom" ist heute noch erhalten und gehört zu den hervorragenden Denkmälern barocker Gartenkunst in Deutschland.
1729 stirbt die Markgräfin. Ein geplanter See auf der Nordseite der Orangerie kommt nicht mehr zur Ausführung. Ihr Sohn Karl baut den Hofgarten weiter aus. Unter der Regierung des Markgrafen Alexander (1757-1791) wird der französische Gartenstil aufgegeben; nur ein kleiner Teil der geometrischen Anlage bleibt vor der Orangerie erhalten. Es entsteht ein englischer Park, der vor allem von der Markgräfin Lady Craven tatkräftig gefördert wird.
Zur Zeit der Umgestaltung 1781 besucht Friedrich Nicolai, der sich in seinen Reiseberichten leidenschaftlich für den englischen Stil einsetzte, Ansbach. In der "Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz" (Berlin und Stettin 1783) steht über den Hofgarten zu lesen: "Er ist zwar mit verschiedenen Alleen von rund und viereckicht geschnittenen Bäumen verunziert; er hat aber doch auch herrliche, schattige Gänge, in denen die französische Kunst Gottes Werk unbeschnitzelt gelassen hat. Auch ist es besser, die einmal verschnittenen Bäume stehen zu lassen, als sie, wie an einigen Orten geschiehet, umzuhauen, um ein Strauchwerk in verfehltem engländischen Geschmacke an die Stelle zu setzen."
In den Jahren 1779 bis 1783 reist Philipp Wilhelm Gercken durch Schwaben, Altbayern und Franken. Er sieht sich eingehend in Ansbach um, schildert das Schloss, das Gumbertusstift, das Gymnasium und den "fürstlichen" Garten: "Gleich voran steht ein ansehnlich langes Orangeriehaus, wobei in einem besondern Garten etliche hundert schöne Orangeriebäume in Kasten aufgestellet sind. Der große Hauptgarten steht jedem offen, und besteht vorzüglich in Promenaden, schönen Hecken, mit großen Zwischenplätzen von grünem Rasen, die mit Blumenbeeten eingefasst sind. Man findet darin eine über 700 Schritt lange Maillebahn, die an beiden Seiten mit einer schattigten Allee besetzt ist, so für die Einwohner den besten Spaziergang gibt. Der ganze Garten ist mit lauter Wiesen umgeben, wie die ganze Gegend um der Stadt lauter Wiesengrund ist." Auch Kritik weiß der sächsische Justizrat und Historiker Gercken anzubringen: "Was ich bei dieser schönen Anlage nicht gut gefunden, ist ein stinkender Canal, der in die Wiesengrund nahe am Schloss herunter geht, und hernach durch den Garten in der ganzen Länge seinen Abfluss hat."
Im August 1784 hält sich der Erlanger Professor Johann Georg Meusel in Ansbach auf. Obwohl "künstliche Statuen, Cascaden, kühne Wasserwerke, indianische Häuser u. d. gl." fehlen, findet er doch manches Bewundernswerte: "Ein großes massives Orangeriehaus, eine beinahe zweitausend Schritte lange Mailebahn, die unter einem gewölbten undurchdringlichen Obdach von Lindenbäumen in friedlicher Stille ruht; beschnittene Heckwerke und Irrgärten; hinter deren schattigten Wänden der Künstler so gut als der Philosoph Erquickung und Selbstberuhigung genießen kann."
Unbeeindruckt vom Lob seiner Zeitgenossen zeigt sich Wilhelm Heinrich Wackenroder: "Der Schlossgarten in Ansbach hat keine Umzäunung. Das große Orangeriehaus, die Hecken, und die schönen Alleen abgerechnet, ist er ein bloßer Gemüsegarten", vermerkt er am 4. Oktober 1793 in seinem Tagebuch.
Gärten dienten wie Galerien, Bibliotheken und Prunkräume dem Renommee und der Repräsentation. Sie gaben den stilvollen Rahmen für glanzvolle Feiern. Hatten sich prominente Besucher angekündigt, dann wurde auch in kleinen Residenzen kein Aufwand gescheut. Über das Hoffest, das am 19. September 1743 in Ansbach stattfand, als Friedrich der Große seine Schwester, die Markgräfin Friederike Luise, besuchte, berichtet uns ein Hofbeamter in allen Einzelheiten: Unter Pauken und Trompeten und 24 Kanonenschüssen zog "Ihre Majestät" in den Hofgarten ein. "Es bestund aber übrigens das Hauptfest in einer trefflichen Illumination, welche in und außen um die Orangerie adjoustieret war, und zwar von außen die Hauptquerallee von der Orangerie an bis zum Ende des Gartens viele hundert Ampeln auf der Erden nebst etlichen hundert andern hohen Feuer, so die Weg und Basteins beleuchteten, aller Orten brannten..." Auch die Orangerie war mit Ampeln "von mancherlei Feuer" erleuchtet. Den Baldachin für den König zierte eine vergoldete Krone, über der Krone erstrahlte eine Sonne und Genien schütteten ihr Füllhorn aus. Als der König den Saal betrat, ließ sich die Hofmusik "mit Force hören". Der Ball zog sich bis 10 Uhr hin, dann setzte man sich an die Tafel. Sie hatte die Figur einer Krone und war mit 16 Paaren besetzt. "Links und rechts des Saals in der Orangerie distinguierten die zwei große Salons, die um und um besetzte Orangenbäume und davor angelegte grüne Spalier; der Zwischenraum der Bäume aber war mit porcellainen Vasen garnieret, und diese Spaliers sowohl als die Wände mit brennenden Lampen en forme des pyramides illuminieret, ingleichen hier und dar mit adäquaten Emblematibus ornieret... Über den Hofgarten hinaus auf der Wiesen gegen die Anhöhe war ein Feuerwerk angeleget, so währender Tafel abgefeuert wurde, worunter sieh auch beim Gesundheittrinken die dahinter gepflanzte Kanonen tapfer, nicht weniger Trompeten und Pauken hören ließen. Um Mitternacht retirierte sich alles zur Ruhe und vollkommener Satisfaktion Seiner Majestät, und nahm sothanes Festin mit tausend Vergnügen aller hoher Anwesenden ein erwünschtes Ende."
Das letzte große Fest im Ansbacher Hofgarten stieg übrigens am 5. Juli 1827. Anlass war der Besuch König Ludwigs I. Ein Feuerwerk, bei dem die Namen der hohen Besucher in bengalischer Beleuchtung erstrahlten, erhielt viel Beifall. Zu diesem Besuch wurden für den Ballsaal prächtige Dekorationen angefertigt, die in der Orangerie verblieben. Sie wurden 1945 durch Bomben zerstört. Im Zweiten Weltkrieg wurde auch der Baumbestand des Gartens und die Wasserversorgung in Mitleidenschaft gezogen.
Wenn 1747 Georg Paul Hoenn im "Lexicon topographicum des Fränkischen Kreises" dem Ansbacher Hofgarten die Attribute "groß und magnifique" zugesteht, dann kann man dieses Urteil nach der geglückten Restaurierung der Orangerie und der Wiederherstellung einzelner Partien des Gartens im ursprünglichen Zustand auch heute guten Gewissens unterschreiben.
Gaibach Verblasste Erinnerung an barocke Herrlichkeit
"Im übrigen wird man so viel Schönes in Europa nicht beisammen finden und ist sicherlich kein noblerer Gusto in der Welt zu ersinnen" (Friedrich Karl von Schönborn an Lothar Franz 1710).
"Wir reiseten früh Morgens von Würzburg aus nach Bamberg, und ungefähr um neun Uhr fuhren wir wieder über den Main bei Volkach, einem großen Flecken, wo wir zu Mittag aßen. Die Gegend durch welche wir kamen, ist sehr lustig und fruchtbar. Nachdem wir uns zwo Stunden lang erfrischet hatten - denn Reisende haben noch andere Begierden als bloß die Neubegierde -, kamen wir zu Gaibach, einem Lusthause des Churfürsten von Mainz, an, welches man hier für das kleine Versailles hält. - Wir hielten uns eine ganze Stunde lang auf, um diese berühmten Schönheiten zu sehen. Es hat wirklich eine sehr angenehme Lage, und die Zimmer sind bequem genug eingerichtet, aber die Baukunst daran ist unbeträchtlich. Die Gärten sind nicht groß, aber sehr angenehm. Es ist ein sehr schöner Springbrunnen, eine Grotte mit Wasserwerken, Wasserfälle, verschiedene Sommerlauben, und eine sehr gute Orangerie darin."
Diesen Reisebericht schrieb der "Herr von Blainville, ehem. Gesandtschaftssekretär der Generalstaaten der Vereinigten Niederlande an dem Spanischen Hofe" am 22. Mai 1705 nieder. Blainvilles Interesse findet neben den "Bildsäulen" ein "sehr artiger kleiner Saal, der inwendig gemalet und mit einer großen Menge Sinnbilder" verziert ist und in der Mitte des Gartens steht. Die erste Darstellung "ist ein Granatapfel, der sich eben ein wenig öffnet, dass man seine schönen hochroten Kerne sehen kann, so künstlich gemalt, dass man ihn für einen wirklichen halten sollte, mit diesem Sinnspruch: Interiora placent, d. i. das Innere gefällt. Die andere stellet einen Teufel in der grässlichen Gestalt vor, wie ihn die Maler gewöhnlich abzubilden pflegen. Er schwebet in der Luft und hat einen Cupido in seinen Klauen, mit der Beischrift: Le diable emporte la Amour, d. i. der Teufel holet die Liebe. Die dritte ist sehr hübsch. Sie zeiget eine Tafel, auf der eine große deutsche Trinkflasche voll von Wein, neben ihr eine kleinere, und denn die dritte noch kleiner, diese letzten beiden auch nicht einmal ganz voll, stehen, mit diesen Worten Horazens: Est modus in rebus, d. i. Halt Maß in allen Dingen." Auf derart dezente Weise soll der Kurfürst, "diejenigen an seinem Hofe, welche die großen Flaschen zu sehr liebten, zu erinnern gesucht haben".
Dieser Kurfürst ist kein geringerer als Lothar Franz von Schönborn, "ein sehr weiser und urteilsfähiger Herr". Vor allen anderen Künsten ist er der Gartenkunst zugetan. In einem seiner Briefe schildert er anschaulich, wie er seine Tage in der Favorite bei Mainz zubringt: "Hier stehe ich alle Morgen um 5 Uhr auf, gehe ein paar Stunden im Garten herum, ebenso nachmittags und abends, und zwar mit dem größten Vergnügen von der Welt." Besonders stolz ist er auf die Pommersfeldener Orangerie, die der kurfürstlichen Tafel jährlich über 3000 Orangen liefert, wie er sich überhaupt des Öfteren persönlich um die richtige Pflege der Obstkulturen kümmert. Der "Oberintendant" der Versailler Gärten, mit dem er in reger Verbindung stand, mag ihm mit manchem Rat ausgeholfen haben.
Lothar Franz wählt sich Gaibach zum Lieblingsaufenthalt. Hier trägt er kostbare Gemälde und wertvolle Bücher zusammen, die heute in Pommersfelden aufbewahrt werden. Und hier in Gaibach verwirklicht er ein Gartenkunstwerk, das neben dem von Schloss Seehof zu den bewundertsten von Franken zählte. Über keine Barockanlage sind wir besser unterrichtet als über die von Gaibach. Neben der kurzen Beschreibung von Blainville sind es zwei umfangreiche Gedichte, die von Würzburger "Poetikstudenten" verfasst und dem Kurfürsten gewidmet sind. Das erste "Poema de Horto Geubacensi" betitelt und 1697 entstanden preist in 398 Verszeilen Gaibach als "Ruhm der Gärten und blühende Zierde des Frankenlandes". Die antiken Götter werden aufgezählt, deren Plastiken den Garten in einen steinernen Olymp verwandelten: Neptun am Eingang, die helmbewehrte Minerva, die entzückende Venus, der trinkfeste Bacchus und die "keusche" Diana, der "blutdürstige" Mars, "in Waffen starrend, in der Rechten das Schwert, die Linke zum Schild ausgestreckt". In einer langen Reihe stehen die "wälderbewohnenden, bocksfüßigen" Faune, "belauern die Schritte der Vorübergehenden und lauschen mit gespitzten Ohren dem Gesang der Vögel". Ein kleines Häuschen, es ist der Pavillon mit den Sinnbildern, der auch Blainville aufgefallen ist, aus verschiedenen Steinen erbaut, überrascht den Eintretenden mit herrlichen Malereien und Statuen. Eine Grotte schließt sich an, "Praxiteles könnte sie geschaffen haben". Vier Quellen speisen ein Gewässer, das seine Fluten in eine Schlucht wälzt. Und endlich die aus rotem Marmor gehauene Fontäne, die den wappengezierten Schild des Kurfürsten trägt. In dem Gedicht von 1712, das es immerhin noch auf 128 Zeilen bringt, wird der Garten als "Bild Elysiums" verherrlicht, "das die Götter schufen und in dem sich der Genius Schönborns" den staunenden Betrachtern zeigt.
Unter die staunenden Besucher zu rechnen sind auch zwei Künstler, die gleichsam die Illustrationen zu den blumenreichen lateinischen Versen der Würzburger Studenten liefern: Der Mainzer Kupferstecher und Professor der Ingenieurkunst Nikolaus Person bringt 1697 das Stichwerk: "Hortus et castrum Geibach" heraus. Ihm folgt 1728 Salomon Kleiner. Wie in den beiden Gedichten ist die gesamte Anlage in allen Details dargestellt. Bei Kleiner lassen sich nur wenige Änderungen gegenüber Person entdecken. Der hübsche holländische Pavillon allerdings, an dem Blainville so sehr Gefallen fand, musste inzwischen einem Brunnen weichen.
Einer der letzten Besucher, der Schloss und Garten im alten Glanz bewundern konnte, war Hirsching. Er ist zwar vor allem wegen der berühmten Bibliothek gekommen, an die er sich "jederzeit mit dem reinsten Vergnügen und der heftigsten Sehnsucht eines Wiederbesuches" erinnert. Dennoch findet er Zeit, auch den "vortrefflichen" Garten in Augenschein zu nehmen, und er kommt zu dem Urteil, dass man ihm den "ersten Rang unter seinen fränkischen Brüdern" zuerkennen müsse.
Dieser erste Rang freilich ist sehr schnell wieder eingebüßt. Nicht überraschend, denn der englische Stil war nun einmal Ende des 18. Jahrhunderts große Mode und nur ein einziger Garten in Franken blieb verschont: Veitshöchheim. In Gaibach besorgt der berühmte Architekt Sckell die Umgestaltung. Er "verabschiedet" den alten geometrischen Garten, um an seine Stelle die "Natur, die Wahrheit und die Schönheit auftreten zu lassen."
Ein späterer Besucher, der 1834 in Gaibach auftaucht, ist anderer Meinung. Sein Urteil ist umso gewichtiger, als es sich um den Weitreisenden und Lebenskünstler Fürst Pückler-Muskau handelt, dessen Parkanlagen in Muskau und Branitz zum Vorbild für die Gartenkultur des 19. Jahrhunderts wurden. In dem 1835 erschienenen Buch mit dem seltsam klingenden Titel: "Vorletzter Weltgang von Semilasso, aus den Papieren des Verstorbenen" schildert der Fürst seine Reise durch Europa. Von Karlsbad kommend besichtigt er die Eremitage bei Bayreuth, an Seehof ("bietet mehrmals vom Wege höchst malerische Punkte") fährt er vorbei, nach Bamberg besucht er Veitshöchheim ("die Wasserwerke nebst einem See sind unbedeutend") und Gaibach.
Obwohl die "vorteilhafte Gegend" eigentlich Lob verdiene, findet er den Park doch "sehr unter seiner Erwartung". Er ist "unbeholfen und ohne Geist gepflanzt, auch viel zu leer.
Durch weite Luzern-Flächen, ein abscheuliches Surrogat für grünen Rasen in einem Park, auf einem beschwerlichen losen Kieswege mit einzelnen hineingeworfenen Steinstücken, und bei halb verdorrten, auch technisch schlecht gemachten Pflanzungen vorüber, ward Semilasso nach den Schlossgärten geführt, wo sich ein pleasure ground und Blumengarten befindet. Man sieht, dass dieser von jemand herrührt, der englische Modelle dabei vor Augen hatte, und er übertrifft den Park bei weitem, doch ist auch diese Anlage in vieler Hinsicht mangelhaft geblieben, und die Unterhaltung derselben keineswegs wie sie sein sollte, vor allem die des Rasens, der die sorgfältigste verlangt. Übrigens war der Moment allerdings ungünstig, da die große Dürre alles verbrannt hatte, doch wird es dem Kenner leicht, zu beurteilen, was dieser zuzuschreiben ist, und was nicht."
Angenehm fallen ihm die "geschmackvoll ausgedachten und vortrefflich gehaltenen" Glashäuser auf und eigenartigerweise begeistert sich der Gartenkenner auch für die herrliche Konstitutionssäule, die von 1824 bis 1828 zum Gedächtnis an die Bayerische Verfassung von Klenze errichtet wurde: "Denn nichts war daran gespart worden, alles an ihr erschien in hohem Grade gediegen und würdig."
Künftige Reisende rühmen zwar noch die "schöne englische Anlage" (Carl Julius Weber 1828 und 1855), doch Verfall und Verwilderung sind nicht aufzuhalten. Ein kleiner Brunnenhof erinnert nur noch an die barocke Herrlichkeit. Wo einst leuchtende Sonnenuhren aus Blumen und Buchs die Stunden wiesen, wo zierliche Pavillons und Fontänen den Besucher verzauberten, breitet sich heute ein Sportplatz mit Aschenbahn und Sprunggrube aus.
Veitshöchheim, wiedererstanden im alten Glanz
Einst war er ein Garten unter vielen, bekannt zwar, aber nicht sonderlich berühmt. Die Reisenden des 18. Jahrhunderts nahmen so gut wie keine Notiz von ihm. Doch nach Jahren der Verwilderung und des Verfalls ist er wie durch ein Wunder im alten Glanz wiedererstanden und wird heute als Juwel der Gartenkunst gefeiert: Veitshöchheim, ein "märchenhaft verträumter Park", den man mit Hellbrunn vergleichen müsse (Josef Hofmiller).
Der Garten hat die Form eines Rechtecks. Die relativ bescheidene Fläche von 13 Hektar ließ wenig Raum für großartige barocke Repräsentation; dafür entschädigt sie mit intimer Grazie und Galanterie. An den Schlossbereich schließt sich im Süden der Boskettgarten an, der durch vier große Gänge untergliedert wird. In der westlichen Region liegt das Herzstück des Gartens, der "Große See" mit dem "ovidischen Bronnenwerk" oder Parnass; von den neun Musen eingefasst und mit einem Pegasus bekrönt.
Die Schmalseite des Sees bevölkert eine Schar anmutiger Skulpturen: Die vier Jahreszeiten, die freien Künste, Jupiter, Mars, Venus und andere olympische Götter. In der Mittelzone überrascht den Besucher ein Rondell, ebenfalls mit Skulpturen geschmückt: Tänzer, Musikanten, die vier Erdteile und Vasen mit Jagdtieren. In der ehemaligen Fichten- und Irrgartenzone befand sich das obligate Heckentheater; ob auf ihm auch Aufführungen stattfanden, ist nicht nachgewiesen. Zwei chinesische Pavillons und zwei Quellen verschönern diesen Teil des Gartens. An den beiden Brunnen ist die Aesopsche Fabel dargestellt: wie der Storch dem Fuchs ein Gericht in einer hohen Flasche vorsetzt, die dieser aus „technischen“ Gründen nicht leeren kann. Am zweiten Brunnen revanchiert sich der Fuchs, indem er den Storch zu einer flachen Schale mit Fleischbrühe einlädt.
In der anschließenden östlichen Dreieckszone werden von 1772 bis 1773 die Kaskade und das Grottenhaus oder Belvedere errichtet. Das Grottenhaus, "dieses wahrhaft kostbare Gebäude" bestand aus zwei Etagen. "Die untere enthält ein Zimmer, das mit lauter Schnecken und Muscheln auf eine sehr mühesame aber auch sehr regelmäßige Art mit allen Schattierungen der Farbe geziert ist; der Fußboden ist mit Esterich belegt, die Kanapees und Lüster sind gleichfalls aus Schnecken und Muscheln." (Fränkische Chronik 1807). In kleinen Höhlen trieben Affen, Löwen, Drachen und anderes Getier aus Stuck ihr Unwesen. Die Kaskade wurde 1945 zusammen mit dem Pavillon im Lindensaal und verschiedenen Skulpturen zerstört.
Wie alle Wunder hat auch das von Veitshöchheim eine Vorgeschichte. Das Gelände dient ursprünglich den Würzburger Fürstbischöfen als Jagdstützpunkt. Eine Fasanerie wird angelegt. Bereits 1629 versieht ein Hofgärtner seinen Dienst. Von 168o bis 1682 wird das Schlösschen als "Sommerhaus" errichtet. Ende des 17. Jahrhunderts erhält der Garten seine heutige Ausdehnung. Unter Johann Philipp von Greiffenclau entstehen die Wasserkünste, der große See und die geometrische Einteilung des Boskettgartens. Unter den folgenden Fürstbischöfen ist unter anderen auch Balthasar Neumann für die Ausgestaltung zuständig; er legt den kleinen See an. 1752 gibt Carl Philipp von Greiffenclau an Johann Wolfgang von der Auvera den Auftrag für die ersten 14 Figuren: Neun Musen, Apollo, Minerva, Persephone und zwei "Wächter".
Die Blütezeit des Veitshöchheimer Gartens fällt in die Regierungszeit Adam Friedrich von Seinsheims (1755 - 1779). Der Fürstbischof war ein Förderer der Musen und Künste, liebte Musik und Theater und arrangierte glanzvolle Hoffeste. Er kümmert sieh nachdrücklich um die Gartengestaltung, vor allem um den Figurenschmuck, für den er einen der bekanntesten Bildhauer der damaligen Zeit, Ferdinand Tietz, gewinnt. Einblick in die Vielfalt der Skulpturen gibt uns eine interessante Rechnung aus dem Jahr 1765: "Die Designation bestehet in folgenden mit Beisetzung deren Preisen 10 Figuren jede 9 Schuhe hoch kunst- und meisterhaft zu verfertig jedes Stück 100 rthl."
Die Veitshöchheimer Sandsteinfiguren sind nicht für die Ewigkeit geschaffen. Bereits 1771 beklagt sich Johann Peter Wagner: „Die pretieuse Bildhauerarbeit werde jährlich mit Aufwand großer Taglohnen von Leuten, so kein Verständnis davon haben, abgekratzt und ruiniert, so seien in etlichen Jahren die Figuren deform und keine Muschlen mehr daran. - Durch mutwillige Leute würde hier und dar etwas abgeschlagen und verdorben.“ Der Farbanstrich musste immer wieder erneuert werden. Doch nicht nur die zerstörerische Natur, auch "böse" Menschen setzen den Plastiken zu. So muss 1776 ein eigener Aufseher angestellt werden, da "die schönen und herrlichen Statuen und derlei Auszierung des Gartens ... dem Mutwillen der ungezogenen Jugend und sonstiger unartigen Leute bloßgestellet und würklich schon verschiedentlich beschädigt seien". Soldaten und Studenten wird daraufhin der Zutritt verwehrt. Doch auch diese Maßnahmen konnten nicht verhindern, dass wenig später das Glockenspiel im Bauch des Pegasus einem Diebstahl zum Opfer fiel.
Nach der Säkularisation verkommt der Garten immer mehr. Er wird zeitweise verpachtet. Bevor er 18o6 in den Besitz des Großherzogs von Toskana übergeht, ist er "verwildert und beinahe verwüstet". Nach dem Anschluss Würzburgs an Bayern besucht König Ludwig I. wiederholt Veitshöchheim. Aber auch er, als "Retter" gefeiert, kann den Verfall nicht aufhalten. Die endgültige Restaurierung fällt erst in die Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg, wobei die noch erhaltenen Figuren in Museen gebracht und durch Kopien ersetzt werden.
In bescheidenem Ausmaß machen sich im 19. Jahrhundert auch in Veitshöchheim "englische" Einflüsse bemerkbar. Am "Großen See" werden Trauerweiden eingesetzt, die Söhne König Ludwigs pflanzen im Rondell Platanen. Obwohl diese Pflanzungen den Reiz des Sees erhöhen und den Charakter des Rokokogartens kaum zu stören vermögen, stoßen sie doch immer wieder auf Kritik. So bemerkt Alfred Lichtwark, der Direktor der Hamburger Kunsthalle, 1910: "Der Garten ist nicht sehr groß, aber weil er nichts vortäuschen will, wirkt er unendlich." Er findet ihn "erstaunlich gut erhalten" und wunderschön, bedauert aber die Trauerweiden, "die in den Rococoschwung der Steinfassung und der hohen, der Bewegung des Beckens folgenden Buchenhecken umher einen falschen Ton bringen". Und dem Kunstkenner fällt noch etwas anderes auf: "Merkwürdig, wie wenig die Blume in diesem Garten mitsprach. Am Schloss allein standen alte Syringen in voller Blüte. Der Duft füllte den ganzen Garten mit bitterer Süße."
Kehren wir noch einmal zu den Figuren des Gartens zurück. Sie reizten immer wieder zu gewagten Interpretationen. Eine der verhängnisvollsten hat uns der Veitshöchheimer Pfarrer Georg Karch 1855 beschert. Er erklärt den Garten "als folgerichtige Darstellung der bacchischen Weltseele und des Falls und der Erlösung der Einzelseelen", obwohl doch in den Figuren das lebensfrohe Diesseits des Rokokozeitalters gestaltet wurde und nicht eine transzendente übersinnliche Welt. Er ist ein "Labyrinth der Liebe", und "nur wer das Leben zu beschwören vermag, dem dieser Garten einst Rahmen war, wird seinen Sinn erfassen" (Armin Knab).
Seehof, das zerstörte Paradies
"Gegen Abend um halb sieben langten wir zu Seehof, einem eine Stunde von Bamberg liegenden Fürstl. Bambergischen Lustschlosse an. Es heißt eigentlich die Marquardsburg von seinem Erbauer Marquard Sebastian Schenk von Staufenberg; dieser Namen ist aber nicht eben mehr gebräuchlich, sondern man nennt es nach dem nahe dabei gelegenen Dorfe Seehof. Das Schloss ist ein regulares Viereck mit vier Kuppeln auf den Ecken. Die Zimmer sind modern meubliert. Aber das vorzüglichste in denselben ist die schöne Aussicht in den Garten, und in die benachbarten fruchtbaren Felder. Der Garten war ehemals sehr berühmt" (Friedrich Nicolai 1781)
Die Geschichte von Seehof beginnt im ausgehenden 17. Jahrhundert. 1698 gibt der Fürstbischof und Kurfürst Lothar Franz von Schönborn die Anweisung für Erd- und Planierungsarbeiten: "Soll eine ganze Compagnie zu Fuß den 4. Mai auf den Seehof einrucken." 1699 lässt der Fürstbischof die Hauptallee mit französischen Kastanienbäumen bepflanzen, "weiln nun diese Bäum, dem Vorgeben nach sehr hoch, schön und gerad, auch mit einem annehmblichen Blatt und großer Ausbreitung der Äste wachsen sollen". Unter Friedrich Karl von Schönborn werden die Orangerie im Norden und die "Wachthäuser" im Westen errichtet. In den Hauptsmoorwald lässt der Fürstbischof eine fast sieben Kilometer lange Schneise schlagen, um den Bamberger Domberg ins Blickfeld zu rücken. Im südwestlichen Gartenteil entsteht ein Naturtheater.
Ein Problem, das zahlreichen Gärten der damaligen Zeit zu schaffen machte, waren die Wasserspiele. Am 1. Juni 1762 wendet sich Fürstbischof von Seinsheim hilfesuchend an den Kardinal von Speyer, der ihm zwei erfahrene Techniker, nämlich Baumeister Stahl und Brunnenmeister Schwarz, schicken soll. In dem Brief klagt er: "Jedermann, welcher diesen Garten gesehen, bedauret den Abgang des springenden Wassers und wir machen uns keine geringe Angelegenheit daraus, wie wir diesen Mangel ersetzen, dann andurch diesem Garten die Seele gleichsam geben können." Erst als 1764 am Lohndorfer Berg eine neue Quelle von "außerordentlicher" Stärke entdeckt wird, sind die Schwierigkeiten zu beheben. Um die Quelle an das bestehende Leitungsnetz anzuschließen, müssen Bergleute einen Stollen durch den Bergrücken treiben. Am 26. Dezember 1768 kann der Fürstbischof seiner Hofkammer berichten, dass die "an Durchgrabung des Bergs zur Wasserleitung auf unser Lustschloss Marquardsburg bei Seehof arbeitende Bergleute am 23. dieses vermittels eines Bohrers in denen beiden Stollen zusammengekommen seien." Im Sommer 1769 wird die schwierige Arbeit endgültig beendet. Die Länge der gesamten Leitung betrug etwa 7 Kilometer.
In den Jahren zwischen 1761 und 1764 hat man bereits die große Kaskade an der Südseite des Gartens errichtet, dazu kommen 1771 zwei Seitenfontänen und zwei künstliche Inseln im Breitenauer Weiher. 1773 wird die Grotte unterhalb der Kaskade mit holländischen Muscheln ausgeschmückt. Von den großartigen Wasserspielen erzählt uns Wilhelm Heinrich Wackenroder: "Vor dem Schloss breitet sich ein sehr großer See aus. Zwischen beiden ist auf den herabgehenden Terrassen (denn das Schloss liegt etwas hoch), eine schöne Wasserkunst, mit einer kleinen Kaskade verbunden. Sie springt alle Sonntage; allein man setzte sie, mir zu Gefallen, auch diesmal in Gang. Aus der Pyramide, die oben, am höchsten steht, springen hohe Strahlen heraus; sie brachten, in dem Schimmer der untergehenden Sonne, Regenbogen hervor, und fielen, von dem sanft glühenden Abendhimmel erleuchtet, als ein goldener oder diamantener Regen nieder, und spritzten im feinsten Staub umher. Drachen und andre Gestalten spien Wasser aus, das auf Stufen herunterfloss. Aus Schalen stiegen niedrige, aber armsdicke Strahlen empor. Aus zwei Löchern kam das Wasser in Gestalt eines zusammenhängenden runden, kristallenen Bechers ... hervor; von Kugeln strömte es in Gestalt einer Hemisphäre herab ... Alle die mannigfaltig aufspringenden, und niederrieselnden Wasserströme machten die lieblichste Abendmusik und kühlten die schwüle Luft" (1793).
Unter den zahlreichen Parallelen, die sich zu Gaibach ergeben, sind die über 400 Rokokoskulpturen zu nennen. Ferdinand Tietz hat sie von 1748 bis 1773 geschaffen. Salomon Kleiner ist neben Gaibach auch für Seehof tätig. 1731 kommt bei Wolff in Augsburg seine Kupferstichfolge "Accurate Vorstellung des hochfürstl. Bambergischen Jagdschlosses Marquardsburg oder Seehof genannt" heraus. Und 1764 erscheint ein 37 Seiten langes Gedicht "Gartenlust der Marquardsburg" betitelt. "Semiram und Adon!, packt eure Gärten fort: ich preis ein edlers Werk!" heißt es da nicht ohne Stolz in der Einleitung. Während die holprigen Verse kaum begeistern können, wird der Leser doch mit einer reichen Schilderung des Gartens entschädigt.
Zu Ehren prominenter Besucher geben die Fürstbischöfe prunkvolle Feste und Theateraufführungen. 1775 hält sich der Markgraf Karl Alexander von Ansbach-Bayreuth in Seehof auf. Der Bamberger Hofchronist hat diesen Besuch in allen Einzelheiten festgehalten: "Nach genauer Erkundigung, ob Höchste Herrschaften erwacht wären, wurde der Morgensegen mit Trompeten und Waldhörnern in den großen Saal geblasen, und Celsissimus schickte sodann einen Edelknaben mit dem Morgen-Kompliment zu den Höchsten Gästen." Nach der Tafel "fuhren sie in den in Bereitschaft gestandenen Gartenwagen in das Opera-Haus im Park, um der wohlpräparierten Operetta Giocosa, ‚La Schiava amorosa’ beizuwohnen". Nach dem Soupé "standen alle Gartenchaisen in Bereitschaft, um Höchste und andere Herrschaften in das Schloss zurückzufahren. Das Schloss selber aber war auf vier Seiten bis in die Höhe mit dem besten Effekt illuminiert, alle Hauptgänge des Gartens in der Gegend der Orangerie, ebenso die vier großen Parterres vor und hinter dem Schloss waren mit vielen, auf Stöckchen aufgesetzten und hierzu besonders gefertigten Laternen auf eine sehr angenehme Art beleuchtet ...“
Die Festlichkeiten fanden am nächsten Tag ihre Fortsetzung: "Mit dem Morgensegen und dem Morgenkompliment ist es wie an vergangenen Tagen gehalten worden. Der Herr Markgraf ritten vormittags in den Wald und erlegten zum innerlichen Vergnügen zwei Hirsche. Nachmittags bestand das Amusement Höchster Herrschaften in dem musikalischen Konzert, welches auf dem Gartentheater aufgeführt worden ist. Nach dem Soupé fuhren die Höchsten Herrschaften im Garten herum, um die daselbst aufgeführte Gartenillumination sowohl als auch die Hauptillumination des grünen, recht majestätisch hergestellten Theaters und die des Schlosses in Augenschein zu nehmen. Im Garten waren auf Pfosten und Bäumen 960 von Papier gefertigte Laternen aufgerichtet, am Schloss selber aber waren an runden, vielfarbigen Laternen 1300 angebracht, und zur Illumination der Fasanerie sind von den gefärbten Laternen 220 verbraucht worden, und endlich war das Theater in angenehmen Verzierungen mit 4000 Ampeln beleuchtet; das Amphitheater hingegen war mit 200 brennenden Wachskerzen mit bestem Effekt und zum größten Vergnügen gezieret; es haben demnach im Garten und an der Hauptillumination an Lichtern gebrannt 7310 Stück. Nach vergnügter Beschauung dieser wohl ausgefallenen Illumination retournierten Höchste Herrschaften mit Pauken- und Trompetenschall in das Schloss und wurde Feierabend um 2 Uhr."
Dass auch Seehof nicht von englischen Einflüssen verschont blieb, davon berichtet Friedrich Nicolai 1781. Er findet zwar die "Alleen und Plantagen von hohen schattigten" Bäumen angenehm, kann sich aber mit den "kahlen großen Grasplätzen" nicht anfreunden. Er tadelt das "Einförmige der Symmetrie" und lobt den Gärtner, der so verständig sei, die "Bäume frei schießen und die Zweige natürlich wachsen zu lassen, nicht sie in die unnatürliche Quadrat- oder Fächerform zu verstümmeln, welches die unseligste Erfindung der ehemaligen französischen Gärtnerei ist". Als gelungen lobt er daher die Partien, die nach landschaftsgärtnerischen Gesichtspunkten gestaltet sind, "wo drei große vortreffliche Weiher oder Teiche sind, auf welche aus verschiedenen Alleen reizende Aussichten gehen". Er wundert sich, warum man die benachbarten Berge nicht in die Anlage mit einbezog. Und er kann "nicht umhin zu bedauren, dass man bei der ersten Anlage dieses Gartens so wenig von der wahren Gartenkunst verstand".
Ebenso kritisch äußert er sich über die Plastiken, die seit der Säuberung des Gartens durch Franz Ludwig von Erthal noch verblieben waren. "Etwan vier Wochen vor unsrer Ankunft hatte der jetzige Fürstbischof alle übrige Statuen 378 an der Zahl aus dem Garten wegnehmen und in besonders aufgebaute Schuppen verwahren lassen." Nicolai, sonst kein Freund von Prüderie, nimmt Erthal in Schutz, "der sehr ängstlich religiös ist" und dem die "anstößigen" Figuren missfielen.
1783 stattet Philipp Wilhelm Gercken Seehof einen kurzen Besuch ab. Er meint, dass "selbiges nicht mehr völlig in dem Glanz war" wie 1764, als er den Garten zum ersten Mal sah. "Obwohl viele Anlagen in dem Garten nicht nach neuerem Geschmack sind, so findet man doch viel Reizendes darinnen, z. B. die Wasserkünste sind nicht schlecht und der Wassersturz von dem nahen Berge ist sehr natürlich, obwohl alles durch Kunst geleitet ist, wenigstens fällt er recht gut in die Augen. Die drei großen Teiche sind ebenfalls gut angelegt, indem aus etlichen Alleen die Aussicht auf sie sehr angenehm ist. Der Englische Park dabei, worin Hirsche und Rehe, gibt eine artige Abwechslung, nur schade, dass die sehr nahe liegenden Berge nicht besser genutzet, und nicht zum Teil in den Garten mit gezogen sind, wodurch man demselben die natürlichste Schönheit gegeben hätte."
Ein Jahr später trifft der Altdorfer Professor Georg Andreas Will auf der Rückreise von Sachsen in Seehof ein. Er schildert den Garten als "groß und berühmt" und es kämen immer noch "Lustpartien" von den benachbarten Orten ja selbst bis von Nürnberg hierher. Auch er geht auf die Skulpturen ein: "Die meisten Statuen, die mythologisch, oder etwas frei und burleske waren, und dem jetzigen Fürstbischof anstößig schienen, wurden aus dem Garten weggenommen und in Scheunen aufbewahret, wo sie unter und über einander liegen."
Dass der Fürstbischof Erthal doch nicht ganz so prüde war, wie es Gercken und Will zu berichten wissen, dafür ist die kurländische Dichterin Elise von der Recke Zeuge. Sie fährt am 20. Juli 1785 von Bamberg aus in Begleitung des Abtes Eck nach Seehof. Der Abt, der "anfänglich sehr behutsam sprach (denn Nicolais Reisen haben manchen gewitzigt), nachher aber etwas freimütiger wurde", erinnert sich dann doch "mit Begeisterung ehemals daselbst genossener Freuden".
Eine der ausführlichsten Schilderungen verdanken wir Johann Michael Füssel ("Unser Tagbuch oder Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen großen Teil des Fränkischen Kreises", Erlangen 1787). Er lobt die Fasanerie und die Orangerie, die aus 900 zum Teil "sehr dicken" Stämmen bestehen soll. Diese Seite des Gartens ist die schönste. "Sie hat schöne Grasplätze, Alleen in allerlei Figuren, niedliche Nischen und verschiedene schattenreiche Abwechslungen. Dahin gehört vorzüglich eine neue englische Anlage, die ihre Schwester auf der Eremitage weit übertrifft. Sie besteht auch aus allerlei Gesträuch und Gehölzern, ist aber weit höher, gibt Schatten, und kann in jedem Betracht ein ergötzendes Lustgebüsch genennt werden." Die übrigen Vergleiche mit der Eremitage fallen nicht so günstig aus: "Der Wasserfall nimmt sich vortrefflich aus", ist aber viel kleiner. Die Figuren der Kaskade "haben viel Ausdruck und Festigkeit, und doch wollten sie mir nicht ganz gefallen, ohne dass ich deutlich anzugeben wüsste, warum. Entweder waren sie zu steif und zu gestreckt, oder zu fest und zusammengeschoben. Das Schlanke, Warme und Ungezwungene, das ich an den Gruppen in der Eremitage nicht genug anschauen konnte, glaubte ich wenigstens hier nicht wieder gefunden zu haben."
Auch Füssel kritisiert die Tietzschen Skulpturen: "Sie überraschen und unterhalten viel zu wenig." Und er lässt sich zu dem Schuppen führen, wo die aus dem Garten entfernten Plastiken lagern, findet jedoch "sehr wenig Schönheiten" unter ihnen. Er zieht ein negatives Resümee: Die Symmetrie des Gartens ermüdet zu bald. "Man überschauet alles mit einem Mal. Hätte man nur in den steifen Alleen und zwischen den Boscagen abwechselnde freie Aussichten, so könnte man sich doch an auswärtigen Naturschönheiten ergötzen. Die drei Aussichten auf jene Weiher in der Hauptallee nehme ich gerne aus; aber sie sind auch nur die einzigen. Vielleicht mag die große Idee, die man uns vom Seehof beigebracht hatte, viel dazu beigetragen haben, dass es uns nicht behagen wollte. Wir glaubten, ein Paradies zu finden, das unsere Eremitage ganz verdunkeln würde, fanden aber nur ihren Schatten wieder."
Wegen der Plastiken kommt es schließlich zu einer Auseinandersetzung zwischen Klement Alois Baader und Philipp Ludwig Hermann Röder. Röder beklagt sich in den "Reisen durch das südliche Deutschland" 1789 bitter über seinen Aufenthalt in Seehof: "Die Statuen, die da waren, und vielleicht den Menschen in seiner natürlichen Gestalt vorstellten, sind - weil sie in diesem heiligen Lande für unanständig und anstößig gehalten wurden - weggenommen, und in einen besondern Ort eingeschlossen worden, wo sie auch selbst den unheiligen und ketzerischen Fremden nicht einmal auf ihr Verlangen gezeigt werden dürfen. Bigotte und dumme Menschen!, wollt ihr den Schöpfer tadeln, der die Menschen so und nicht anders schuf! Unschuldige Statuen waren hier anstößig, aber das Bier und Saufgelag und der viehisch wilde Lärm des besoffenen Pöbels, der hier am Sonntage sich vor meinen Augen herumtummelte, ist nicht anstößig."
Der Salzburger Konsistorialrat und Freisinger Kanoniker Baader, der über den Fürstbischof begreiflicherweise milder urteilen musste als sein aufgeklärter Kollege von der protestantischen Seite, findet die Ansichten Röders "lächerlich". "Hätte sich der H. Verfasser näher erkundigt, so würde er ebenso zuverlässig als ich erfahren haben, dass diese Statuen aus keiner andern Ursache weggeschafft worden, als weil ihre Menge den Garten Missstellte, und weil sie insgesamt von einem Meister waren, der nur sehr mittelmäßige Kunststücke geliefert hat", so schreibt Baader in seinen Reisebriefen 1792. Bezeichnend für die damalige Einschätzung der herrlichen Tietzschen Gartenskulpturen ist auch das Urteil Wackenroders: " ... man findet hier die allergemeinste auch nicht um ein Haar veredelte Natur, hässliche Formen, und vor allem so geschmackwidrige Ideen als ich noch nie in Stein ausgeführt sah."
Die heftige Kritik in der Öffentlichkeit vor allem an der überholten geometrischen Einteilung und die Versuche, Seehof dem Zeitgeschmack folgend in einen englischen Park umzuwandeln, beschleunigen den Untergang des Gartens. Nach der Säkularisation werden die beiden östlichen Quadrate verkauft und das nordwestliche in Ackerland umgewandelt. Lediglich die beiden Mittelteile und das südwestliche Quadrat bleiben erhalten. An die Wasserkünste erinnern nur noch die von Herkules bekrönte Kaskade und die beiden künstlichen Inselchen im Breitenauer Weiher mit den Figurengruppen Poseidon und Apoll. "Die Anlagen des Parks waren verwildert, die Gänge verwachsen und mit Unkraut bedeckt; auf dem sonst so schönen Rasenplatz vor dem Schlosse weidete in dem hohen Grase Vieh - die Fenster des Schlosses hin und wieder zerbrochen - der Aufgang verfallen. - Keine menschliche Seele ließ sich blicken. - Stumm und starr stand ich da in grauenvoller Einsamkeit." Diese Zeilen aus E. T. A. Hoffmanns "Elixiere des Teufels" schildern besser als es viele Worte vermöchten die Trostlosigkeit Seehofs anfangs des 19. Jahrhunderts. Doch Schloss und Garten erholen sich recht und schlecht in den folgenden Jahrzehnten. Erst dem jetzigen Besitzer blieb es vorbehalten, das zerstörerische Werk der Säkularisation zu vollenden: Die kostbaren Möbel wurden zu Auktionen gebracht, die restlichen Skulpturen versilbert und die Seeungeheuer an Land gezogen. Geduldig lagern sie zwischen Feld- und Heckenrain und träumen von besseren Tagen.
(Nachtrag 2001: Inzwischen ist Seehof in Staatsbesitz übergegangen und zumindest in Teilen wiedererstanden.)
Die Eremitage, Stelldichein der Stile
"Vergiss mich nicht in Deinen Zaubergärten!"
(Friedrich der Große an Wilhelmine von Bayreuth)
"An einem blauen Nachmittage ging er allein in den einzigen für ihn nicht zugesperrten Lustgarten, in die Eremitage. Überall begegneten ihm Erinnerungen, aber nur schmerzlich-süße, überall hatte er da verloren oder hingegeben, Leben und Herz, und hatte von der Einsiedelei sich ihrem Namen gemäß zum Einsiedler machen lassen." Jean Paul im "Siebenkäs".
"Die Schönheiten... sind so vielfach, und so nebeneinander gedrängt, dass man sich entzückt und betäubt zwischen allen diesen herrlichen Contrasten verirrt." Ludwig Tieck: "Der Jahrmarkt".
Am 20. November 1731 feiert der Berliner Hof in königlicher Prachtentfaltung die Hochzeit zwischen Wilhelmine von Preußen und dem Erbprinzen Friedrich von Bayreuth. Es ist eine politische Heirat, die von Friedrich Wilhelm I. angeordnet und "ausgehandelt" wurde. Wilhelmine ist glücklich, den Intrigen des Berliner Hofs und dem tyrannischen Vater entronnen zu sein. Am 22. Januar 1732 trifft sie voller Erwartungen in Bayreuth ein. Doch sie muss nur zu bald spüren, dass sie keinen guten Tausch gemacht hat. "Alle die, aus denen der Hofstaat bestand, waren beschränkte Menschen, die meisten waren nie vom Bayreuther Pflaster fortgekommen und hatten von der übrigen Welt gar keinen Begriff; Bücher und Wissenschaften waren bei ihnen verbannt und ihr Gespräch beschränkte sich auf die Jagd, die Landwirtschaft und Geschichten vom alten Hofe ... So blieb uns also keine Zuflucht, als zu uns selbst." Sie ist nicht gewillt, sich mit ihrem Schicksal abzufinden. Sie arrangiert rauschende Feste und glanzvolle Gesellschaften. Kaum eine Kunst, in der sie sich nicht versucht: Sie malt, komponiert, schreibt Opern- und Schauspieltexte und steht selbst auf der Bühne. In wenigen Jahren wird der Bayreuther Hof zu einem der ersten in Deutschland. Voltaire, der 1743 zusammen mit Friedrich dem Großen in Bayreuth weilt, spart nicht mit Komplimenten: "Ich habe einen Hof gesehen, wo alle Freuden der Geselligkeit und alle Genüsse des Geistes versammelt sind", lässt sich der große Philosoph dem preußischen Staatsminister Podewils gegenüber vernehmen. Neben den Memoiren sind es die Gartenschöpfungen Eremitage, Sanspareil und Fantaisie, die den Namen Wilhelmines berühmt gemacht haben.
Schon bald nach ihrer Ankunft lernt sie die Eremitage kennen. Über deren damaligen Zustand werden wir aus der Beschreibung des preußischen Kammerherrn Karl Ludwig von Pöllnitz, der als "Vagabund der vornehmen Welt" die Fürstenhöfe Europas bereiste, unterrichtet: Zur "Hermitage oder Einsiedlerei ... gelanget man durch einen langen Eingang, an dessen Ende sich eine Grotte befindet, die den Berg Parnassus vorstellet". Vom Parnass führt eine Allee zum Schloss, "das ganz nach Bauer-Art angeleget ist". Besonderen Gefallen findet Pöllnitz am Garten. Er ist "groß und wird wohl unterhalten. Am Ende desselben befindet sich ein Wasserfall, der oben von einem Berge herunterkommt, welches in der Tat recht anmutig ist. Dieser Wasserfall ist mit aufgeworfenen Hügeln und sehr gemächlichen Stufen umgeben, wird auch zu beiden Seiten mit einer Lehne verwahret. Auf jeder Seite siehet man auch einen Tannenwald, worinne man auf jedem Weg, den man nimmt, zu einem Pavillon gelanget." Mit diesen Pavillons hat es eine besondere Bewandtnis. Sie sind nach Art einer "Einsiedlerei gebauet und aufgeputzt". Wenn der Bayreuther Hofstaat die Eremitage besucht, verkleiden sich der Markgraf und das Gefolge als Eremiten. Sie sind gehalten, sich nach Tische in ihre "Pavillons" zurückzuziehen und "ganz stille zu halten; doch hat man diesen Gebrauch ein wenig gemildert und sie dürfen nunmehr einander besuchen". Sobald die Zeit zum "Belustigen" gekommen ist, läutet die Superiorin ihre Glocke, der Prior und die übrigen Eremiten antworten, und versammeln sich beim Superior. "Wenn sie daselbst angekommen sind, gehen sie miteinander aus, und verfügen sich an denjenigen Ort, wo sie sich belustigen und mit allerhand Arten von Spielen ergötzen. Wenn es Zeit zum Abendessen ist, verfügt man sich in den Speisesaal. Die Einsiedler ihrerseits können sich auch mit der Jagd erlustigen." Wenn man die "gesetzte" Zeit in der Eremitage zugebracht hat, kehrt der Hof wieder nach Bayreuth zurück. Pöllnitz gewinnt die Gewissheit, dass "in einer solchen Einsiedelei gut zu leben sei, und dass die Ordensregel nichts Verdrießliches in sich fasset." 1723.
Diese Einsiedelei geht auf die pietistischen Neigungen des Bayreuther Markgrafen Georg Wilhelm zurück. "Ich bin allein, wenn ich vergnügt sein will", war seine Devise. Der Garten selbst ist wesentlich älter. Ein 1666 eingerichtetes Tiergehege wird 1669 mit einem "Grott- und Brunnenhaus" bereichert. Der ursprüngliche geometrische Garten beim Schloss wird jedoch nicht erweitert. Bereits anfangs des 18. Jahrhunderts machen sich die ersten landschaftsgärtnerischen Elemente bemerkbar. Schon bald erregt die Anlage Aufmerksamkeit und neidische Bewunderung. Lothar Franz von Schönborn nennt sie 1718 ein "dolles Eremitage" und Lieselotte von der Pfalz schreibt 1721: "Der Markgraf von Bareudt und seine Gemahlin sollen ein doll Paar sein. l'esprit de vertige regiert wohl an diesem Hof - auch mit ihrer Einsiedelei."
Nachdem Friedrich Markgraf geworden ist, schenkt er 1735 den Garten seiner Gemahlin Wilhelmine. Sie nimmt die Tradition der Eremiten wieder auf und kümmert sich um die weitere Ausgestaltung. Im gleichen Jahr wird die Straße zur Stadt instand gesetzt. Die Pläne verwirklicht der Hofbaudirektor und Pariser Opernarchitekt Joseph Saint-Pierre. Es entstehen zahlreiche künstliche Ruinen, die Überlegenheit der Natur über das Menschenwerk symbolisieren sollen. Neben dem Theater ist sicher das Grabmal Folichons die interessanteste. Wilhelmine ließ es zur Erinnerung an ihren Lieblingshund errichten. Es bestand ursprünglich aus Resten antiker Skulpturen. Unter dem Grabmal sollen "in einem Gewölbe... drei kleine Särge gestanden sein".
An die barocken Gärten erinnern die aufwendigen Wasserspiele in der Unteren Grotte und im "großen Bassin" des Neuen Schlosses. "Alles mythologische halbgöttliche Halbvieh spie und aus der bevölkerten Wassergötterwelt wuchs eine krystallene Waldung empor, die mit ihren niedersteigenden Strahlen wieder wie Lianenzweige in der Tiefe einwurzelte. Man erfrischt sich lang an der geschwätzig durcheinander fliegenden Wasserwelt", so schildert sie ein späterer Besucher Jean Paul in seinem "Siebenkäs".
Der Vorzug der Eremitage vor anderen Gärten ist die Lage in einer reizvollen, abwechslungsreichen Landschaft: "Das Ganze ist teils auf ebenem, teils auf bergigtem Boden angelegt, zum Teil Natur, teils auch Kunst. Ihr Flächeninhalt beträgt 84 Morgen Landes. Ihre größte Hälfte besteht aus einem Walde, die gegen Süden zweimal so lang als breit und größtenteils eben, gegen Osten sehr abhängig ist, gegen Norden wird der Wald hochstämmiger und wilder, in einigen Gegenden hat er kleine überraschende Abgründe. Auf diesen drei Seiten gränzt er an ein Wiesental, welches nordostwärts vom Main durchschlängelt wird" (Bundschuh). Doch lassen wir die Markgräfin selbst zu Wort kommen. Sie beschreibt erst das "kunstreiche" Gewölbe des Parnass und fährt dann fort: "An der einen Seiten ist ein Laubgang, der zu einem anderen künstlichen Felsen führt, in dem sich wieder, unter Bäumen verborgen, sechs Springbrunnen befinden; unter diesem Felsen ist eine kleine Tür, durch die man in einen unterirdischen Gang kommt, der in eine Grotte führt, die mit sehr schönen und seltenen Muscheln geziert ist und ihr Licht von einer oben angebrachten Kuppel erhält, in der Mitte ist ein großer Springbrunnen, und rund umher sind Wasserfälle angebracht. Aus dem Boden der ganz von Marmor ist, springt auch Wasser, so dass es sehr leicht ist, sich hier aufhaltende Personen unversehens zu durchnässen. Beim Ausgang aus der Grotte kommt man in einen kleinen Hof, der ganz von künstlichen Felsen, mit Bäumen und Hecken vermischt, umgeben ist; ein großer, in der Mitte befindlicher Springbrunnen erhält ihn beständig kühl."
Nach der Schilderung des Schlosses, dem die Markgräfin besonders viel Raum widmet, wendet sie sich den Einsiedeleien zu: "Die meinige hat die Aussicht auf die Trümmer eines Tempels, der nach dem Muster derer, die uns vom alten Rom übrig geblieben sind, gebaut ist. Ich habe ihn den Musen gewidmet; man findet die Porträts aller berühmten Gelehrten des Jahrhunderts darin: Descartes, Leibniz, Locke, Newton, Bayle, Voltaire, Maupertius usw. Zur Seite ist ein kleiner runder Saal, zwei kleinere Zimmer und eine kleine Küche, die ich mit altem Porzellan nach Raphael habe verzieren lassen. Beim Austritt aus den meinen Zimmern kommt man in einen kleinen Garten, an dessen Eingang die Trümmer eines Porticus stehen. Der Garten ist von einem Bogengang umgeben, wo man bei der größten Sonnenhitze ohne die geringste Unbequemlichkeit lesen und ruhen kann. Höher hinauf wird das Auge von neuen Gegenständen überrascht. Man sieht ein Theater aus Quadersteinen mit getrennten Bogen, so dass man in freier Luft Oper spielen kann. Rund um den Fuß des Berges fließt der Fluss; auf welche Seiten man blickt, findet man herrliche Aussichten und Spaziergänge." Soweit die Memoiren Wilhelmines aus dem Jahr 1744.
Der Garten, um den es nach Wilhelmines Tod (1758) stiller geworden ist, feiert in den Reiseberichten des ausgehenden 18. Jahrhunderts eine Renaissance ohnegleichen. In zahlreichen Tagebüchern und Briefen wird die Eremitage wie kein anderer fränkischer Garten verherrlicht. Wollte man alle Berichte vollständig wiedergeben, entstünde eine Anthologie von mehreren hundert Seiten. Viele Namen sind darunter, die heute nur noch der Historiker kennt: Philipp Wilhelm Gercken (1783), Elise von der Recke (1785), Friedrich Carl Gottlob Hirsching (1789) und Klement Alois Baader, der sich entschuldigt, dass er nur eine "schwache Schilderung dieses königlichen Lustortes" geben könne; er findet, dass "das Original unerreichbar ist, und weder vom Pinsel oder Grabstichel, noch von der Feder beschrieben werden kann" (1792).
Manche Beschreibungen geizen mit kurzen und knappen Formulierungen, andere überraschen durch ihre Liebe zum Detail. Professor Will aus Altdorf, der sich 1784 in der "unvergleichlichen" Eremitage aufhält, freut sich, dass ihm zu Ehren die Wasserkünste aufgedreht werden: "Zuletzt spielte eine Fontaine mit Hilfe allerhand aufgesetzten Maschinen und trieb das Wasser in die mannichfaltigsten Figuren, worunter die artigste ein Regenschirm war." Der Ansbachische Kanzleibeamte Johann Gottfried Köppel rät, man "durchwandle den melancholischen Fichtenhain, dessen Stille nur durch das heisere Pfauengeschrei unterbrochen wird, suche die niedlichen Eremitenhäuschen auf, staune die nachgemachten und künstlichen Ruinen eines römischen Theaters, eines verfallenen Grabmals an." ("Malerische Reise durch die beiden fränkischen Fürstentümer Baireuth und Anspach", 1793.) Ernst Wilhelm Martius, der auf seinen "Wanderungen durch einen Teil von Franken und Thüringen" 1795 die Eremitage besichtigt, lässt sich vom Sonnentempel begeistern: "In diesem Tempel, zu welchem 8 hohe Glastüren führen, und der von außen und innen mit einer Menge prachtvoller Verzierungen umgeben ist, befinden sich unter andern 8 außerordentlich hohe korinthische Säulen von inländischem grauen Marmor, deren jede aus einem Stücke gearbeitet ist, und 6000 Thlr. so wie überhaupt die ganze Aufführung des Tempels 94400 Thlr. gekostet haben soll."
Aus der fast 80 Seiten langen Schilderung von Johannes Michael Füssel (1787) könnte man einen eigenen reizvollen Führer zusammenstellen, in dem keine Einzelheit der Eremitage zu kurz käme. "Leute, die den kultiviertesten Weltteil durchreist und alles Schöne, was Natur und Kunst hervorgebracht... haben, gestehen, dass diese Schönheit in ihrer Art einzig und mehr als fürstliche ist." Er lässt sich einen ganzen Tag Zeit. "Den braucht man aber auch, wenn man die Gegend, in welcher sie liegt, ihre schönen natürlichen und künstlichen Abwechselungen, ihre unvergleichlichen Aussichten, ihre verschiedenen neuen und alten Anlagen, ihre zahlreichen Wasserkünste, ihre vielen Beweise eines antiken und modernen Geschmacks nur flüchtig betrachten will."
Auch Kritisches soll nicht verheimlicht werden. Gercken meint, die Gebäude seien "nur mäßig". Der Schweizer Dichter Heinrich Zschokke schilt den Park in "Meine Wallfahrt nach Paris" (1796) ein "unzusammenhängendes gärtnerisches Quodlibet", das "verderbt oder planlos" daliegt. Auch Fürst Pückler-Muskau findet wenig Lobenswertes: "Wie verfallen ist hier aller alter Glanz! Der Park und die Gärten sind verwildert und mit Unkraut durchwachsen, die neuen Anlagen geschmacklos, die schönen Wasserkünste fast zum Sumpf geworden, von den seltsamen Mosaiksäulen und Fassaden bröckeln sich die Steine los, im Innern der Zimmer riecht es nach Moder, die Meubles sind wurmstichig, und verschossen die bunten Farben, die sie einst belebten. - Es hat etwas tief Trauriges! Gehörte es mir, ich schlösse es zu und überließe es ganz dem Zahne der Zeit." (1834). Und Karl Immermann, sonst ein Lobredner fränkischer Schönheiten, spitzt ausgerechnet bei der Eremitage seine Feder: Sie "ist ein Gartenschlösschen wie ein Conditoraufsatz. Sie haben rohe, unbehauene Steine dazu verwandt; das soll vermutlich einfach aussehen. Auch ein Apollotempel ist da, Säulen und Wände rau von verschiedenfarbigen Schlacken; es ist, als ob das Gebäude den Aussatz hätte". (1837). Die Reihe der Kritiker beschließt Gustav von Heeringen ("Wanderungen in Franken", 1838): "Das Ganze . . . trägt indessen zu sehr den überladenen und kleinlichen Geschmack des vorigen Jahrhunderts an sich, als dass es den heutigen Schönheitssinn befriedigen könnte."
Das 19. Jahrhundert sieht in der Eremitage nur noch ein Konglomerat verschiedener Stilrichtungen; es findet keinen Zugang mehr zur Geschichte dieses Gartens. Ein Besucher freilich verliebt sich in den einsamen Park, in die Einsiedeleien. Er lässt sich zu nächtlicher Stunde die Wasserspiele vorführen und steht gebannt vor dem Sonnentempel: König Ludwig II. Für ihn ist die Eremitage Traum und Erfüllung zugleich.
Wenn man die Kritiker der Eremitage aufzählt, dann müsste man eigentlich auch Ludwig Tieck nennen. Er machte zusammen mit Wackenroder 1793 hier Station. Reminiszenzen an diesen Besuch tauchen im "Phantasus", vor allem aber in der Novelle "Der Jahrmarkt" auf. Tiecks Vorstellungen vom romantischen Garten werden durch das Bayreuth-Erlebnis entscheidend geprägt. Sie führen von der anfänglichen Begeisterung für den Landschaftsgarten zur Auseinandersetzung und schließlich zur leidenschaftlichen Apologie des geometrischen Stils. Doch nicht nur Tieck, auch Jean Paul wählt den Park als Hintergrund, und zwar für den "Siebenkäs" und die "Palingenesien". Ebenso Karl Ferdinand Gutzkow ("Fritz Ellrodt"), Alexander von Gleichen-Russwurm, Alfred Graf und Sophie Hoechstetter. Erwähnt werden sollen noch die Besuche von August Graf von Platen 1805, Friedrich Rückert 1833 und Werner Bergengruen ("Deutsche Reise").
Sanspareil, das Einmalige aus Kunst und Natur
"Alles traf ganz neu und gewaltig mein innerstes Wesen" (Ernst Moritz Arndt 1798).
"Bis ohngefähr eine Stunde von Bayreuth fährt man auf Chaussee, aber dann fängt ein Weg an, der, wo nicht schlechter, doch gewiss ebenso schlecht, als jener oberpfälzische ist. Bergauf, bergein, über steile Rangen, worauf man befürchtet, die Kutsche möchte ihr Gleichgewicht verlieren auf immerwährenden glatten Steinen, die den Pferden keinen sichern Tritt erlauben, und den Fahrenden ein unerträgliches Stoßen, zumal in einer Postkutsche, wie wir hatten, verursachen, und zwischen nackten Steinfeldern - währte uns diese Reise unglaublich lang. Desto süßer werden aber auch die Ergötzungen, denen man sehnlich entgegen eilt." Johann Michael Füssel, 1787.
Im Frühjahr 1744 besucht Wilhelmine von Bayreuth zum ersten Mal die alte Hohenzollernburg Zwernitz mit dem nahe gelegenen Hain. Sie ist begeistert von der romantischen Fels- und Buchenwaldkulisse und beschließt, die Burg für einen längeren Aufenthalt einzurichten. Am 17. April treffen aus dem Bayreuther Schloss die ersten Möbel ein. Bereits im Mai wird mit der Ausgestaltung des Hains begonnen. Fünf Jahre später kann Wilhelmine ihrem Bruder die Fertigstellung des Gartens melden. Sie lobt dabei die einzigartige Lage und die "geschmackvollen Bauten... Die Natur selbst war die Baumeisterin."
Zur "Einweihung" gibt der Wonseeser Magister und Pfarrer Markus Friedrich Hedenus ein schmales Büchlein heraus: "Sanspareil entschattet", die erste Schilderung des Gartens. Hedenus verrät uns auch die literarische Vorlage, der die Namen der Grotten, Höhlen, Pavillons und Felsen entnommen sind: Fenelons "Fortsetzung des vierten Buchs der Odyssee von Homer oder die Abenteuer des Telemach" 1699, ein Versroman in 18 Büchern, in dem vor dem Hintergrund der griechischen Mythologie das Ideal eines gerechten und weisen Königtums propagiert wird; ein Buch, das trotz seiner moralisierenden Tendenzen zu den meistgelesenen seiner Zeit gehörte.
Der Inhalt sei kurz wiedergegeben: Telemach macht sich auf die Suche nach seinem Vater Odysseus, von der Göttin Athene in Gestalt des Mentor begleitet. Sie werden durch einen Sturm auf die Insel der Kalypso verschlagen, wo Telemach von seinen Abenteuern erzählt. Kalypso verliebt sich leidenschaftlich in den jungen Helden, Telemach jedoch wendet sich der Nymphe Eucharis zu. Es ergeben sich Komplikationen und nur mit Mühe können Telemach und Mentor von der Insel fliehen. Nach weiteren Abenteuern kehren sie schließlich nach Ithaka zurück, wo Telemach seinen Vater Odysseus wieder findet.
Wilhelmine ist mit dem Romaninhalt von Jugend auf vertraut. Auch ihr Schwiegervater, der Bayreuther Markgraf, kennt ganze Passagen auswendig und langweilt sie gelegentlich damit. "Telemach und Amelot d'Houssaye hatten ihm den Kopf verrückt", bemerkt sie in ihren Memoiren. Eine der ersten deutschen Übersetzungen, eine illustrierte Prachtausgabe, war dem Markgrafen von Ansbach und seiner Gemahlin Friederike, der Schwester Wilhelmines, gewidmet.
Den Romaninhalt bildhaft in Szene zu setzen, dafür bot Sanspareil günstige Voraussetzungen. Wie die Zauberinsel der Kalypso, so überraschte der Buchenhain mit einer Fülle von natürlichen Grotten, Höhlen und Felsenplätzen, Namen fanden sich im Roman genug, um die einzelnen Lokalitäten zu benennen: Diana, Äolus, Sibylle, die Sirenen, Odysseus und seine Gemahlin Penelope, Pan, Vulkanus und Cybele. Wo die Natur nicht ausreichte, verdeutlichte man durch Beschriftungen, Bilder und bunt bemalte Skulpturen die Vorlage. Es bedurfte dann nur noch einer geschickten Führung der Wege, um den Besucher die Abenteuer Telemachs nacherleben zu lassen.
Eigentlich war die Idee gar nicht einmal so neu. Bereits 1608 hatte der Dichter Friedrich Taubmann aus Wonsees in einem Gedicht die Gegend um Zwernitz mit dem homerischen Ithaka verglichen. Originell und über Fenelon hinausgehend war jedoch die übrige Ausgestaltung: Am Eingang des Hains entstanden das Markgrafen- und das Burggrafenhaus und der "Morgenländische Bau" als ländliche Eremitage. Unmittelbar dahinter befand sich von Bäumen und Felsen eingeschlossen das "Referentenhaus", in dem der Markgraf seinen Regierungsgeschäften nachging. Auf ausgehauenen Stufen gelangte man auf die Felsgipfel. Einige waren mit Brücken miteinander verbunden. Berühmt war der Belvederefelsen mit seinem "Lustkabinett" am Ende des Hains. Eine weitere Sehenswürdigkeit lag in unmittelbarer Nähe, die Grotte der Kalypso und das Naturtheater. Hedenus gibt uns eine anschauliche Beschreibung dieser "Schaubühne": "Vorne an den zwo ersten Säulen erblicket man zwei auf romanische Art vorgestellte, mit Lorbeerkränzen gekrönte Häupter mit einer antiken Umschrift. Hinter diesen, in den Nischen der beiden andren, zweene große aus einem Stück gehauene Satyren, wovon der eine sein aus vielen Pfeifen bestehendes musikalisches Instrument, der andere aber eine Trommel mit Rollen behangen, und mit der andren Hand eine Art Frucht, wie Trauben, gegen die Brust hält ... Die Bögen, davon einer gebrochen und einem Ruin ähnlich ist, sind mit allerlei Bildhauerein, dem Haupt Medusä, Drachen und Köpfen alter Weltweisen ausgezieret, mit kleinen Pyramiden und Bäumchen aufgesetzt und die inneren Verzierungen mit allerhand buntfärbigen Steinen garniert wie die Nischen selbst mit Urnen ausgefüllt."
Wie kein anderer fränkischer Garten verdient Sanspareil das Attribut romantisch. Und es wundert nicht, dass gerade die so genannten Romantiker von ihm begeistert waren. Wackenroder und Tieck besuchen ihn auf ihrer Pfingstreise 1793. Tieck schreibt darüber: "Die Steine ragen kühn und wild verzerrt aus der Erde hervor. Ich habe noch wenig gesehen, was einen so abenteuerlichen Eindruck macht." Er erwähnt die Vulkanshöhle, "eine Partie die mich doch ganz besonders bezauberte" und beschreibt das Theater. Sein Resümee: "Für die Nacht und den Mondschein gibt es vielleicht nichts Schöneres als diesen Garten; illuminiert müsste er völlig zum Bezaubern sein."
Ausführlicher fällt die Schilderung seines Begleiters Wilhelm Heinrich Wackenroder aus: "Die jetzige Jahreszeit, die für das Grün des Laubes die günstigste ist, gab diesem dichten Hain vorzügliche Schönheiten. Wie aber die Natur diesen kleinen Platz durch die interessantesten Felsengruppen zum Lustort gebildet hat, kann kaum jemand glauben, der nicht diese Art von Felsen selbst gesehen hat. Es erheben sich nicht nur große, bemooste Felsenmassen aus der Erde, zwischen den Bäumen, so dass sie durch Kunst ausgehauen und aufeinander gestellt scheinen; sondern sie bilden auch mehrere große und kleine Nischen, Grotten und Höhlen, indem der Felsen oben weit herüberhängt, und inwendig wie mit einem Meißel glatt und hohl ausgearbeitet ist; auch lehnen sich an einigen Stellen zwei große Felsenstücke oben aneinander, und lassen eine breite Spalte oder Kluft zum Durchgehen zwischen sich ... Ich ward wirklich beim ersten Anblick dieser sonderbaren Felsenbildungen in eine ganz fremde Welt gezaubert."
Am 19. Juli 1798 wandert Ernst Moritz Arndt "immer der Laune und Lust nach" von Bayreuth aus in die Fränkische Schweiz. In Truppach trifft er den Schneider von Sanspareil, der ihn zum Ändern seines Reiseweges veranlasst. Arndt ist ebenso wie seine Vorgänger von dem Hain begeistert: "Hoch und schlank sind seine Bäume. Aber welche Steinmassen hast du, o ewige Natur, hier hingeworfen! Mit welchen Gestalten und Gebilden hast du gespielt, als du dieses Paradies schufest!... Wunderbar ward mir ums Herz, als ich die einzelnen großen Massen erblickte, die aus Zauberhänden als ein Spiel der Zauberei hingewälzt schienen." Er weidet sich noch "lange in diesem köstlichen Aufenthalt der Schwärmerei", bevor er weiterreist.
Von den übrigen Besuchern sind uns die meisten schon von Bayreuth her bekannt. Gercken lobt: Die Natur selbst hat "den besten Zierat hergegeben ... Alles wozu die rauen Felsen gebraucht sind, ist einnehmend". Und er zieht Vergleiche zur Eremitage: "Es ist wahr, ... das Wilde der Natur, die treffliche Lage der Felsengebirge an dem schönen Buchenwalde, alles zusammen ist hier recht gut genutzet, und durch die Kunst zu einer, wenn ich so sagen darf, wilden Schönheit gebracht. Wenn ich viele kleine und entbehrliche Verzierungen wegnehme, so hat mir diese Anlage im Ganzen weit besser gefallen, wie die Eremitage bei Bayreuth."
Gleichsam als "früher" Romantiker gibt sich Füssel (1787). Er urteilt: Der Hain "ist nicht groß, aber so reich an mannigfaltigen, romantischen, überraschenden, Schauer erregenden und die gefühlvolle Seele erhebenden Naturszenen, und von der Kunst so glücklich unterstützt, dass jeder Liebhaber der schönen Natur ihn mit der vollsten Genugtuung verlassen wird." Gefahrvoll drohende Felskuppen, "schaudervolle Klüfte" und "schroffe Höhen" machen Sanspareil zu einer "schönen Wildnis".
Nicht unerwähnt bleiben soll Elise von der Recke. Ihr Besuch am 19. Juli 1785 hat ein unangenehmes, für jene Zeit jedoch häufiges Nachspiel: Auf dem Weg nach Bamberg bricht die Hinterachse ihres Wagens. 1792 kommt Klement Alois Baader nach Sanspareil, ein Jahr darauf Johann Gottfried Köppel; er hält sich drei Tage auf und schwärmt: "Das reizende, romantische Sanspareil wird mir mein ganzes Leben hindurch unvergesslich bleiben."
Von zwei weiteren Besuchern ist es nicht bewiesen, aber wahrscheinlich, dass sie hier gewesen sind: Napoleon und Jean Paul. Jean Paul soll sich mit folgenden Sätzen im Fremdenbuch des Münchschen Gasthofs verewigt haben: "Zum Andenken an diese artig auseinander gebrochene Schweiz, wahrscheinlich von Riesen, um sich ein wenig damit zu steinigen." Beide Einträge sind nicht mehr vorhanden, dafür der von Friedrich Kind, dem Textdichter des Freischütz; Er lässt seinen überschwänglichen Gefühlen ihren Lauf: "Der kalte Schauer des höchsten Entzückens durchzitterte unsere Gemüter, als wir eintraten in den wundervollen Hain, der an Naturschöne ein Elysium, von der Kunst zu einem zweiten Himmel gezaubert wurde." (5. August 1828.)
Nach soviel Lob ist man in arger Verlegenheit, ähnlich wie bei der Eremitage einige negative Äußerungen zu Wort kommen zu lassen. Bereits Gercken bemängelt: "Die nach morgenländischer Art angelegten kleinen Gebäude, die Eremitenhäuschen etc. werden wohl den wenigsten und keinem Kenner gefallen." Und die anfängliche Begeisterung Tiecks macht nur allzu bald einer kritischen Betrachtungsweise Platz: "Die großen Felspartien im Walde, das Große und Wilde, das dadurch in der Phantasie hervorgebracht wird..., sind äußerst schön. Aber dadurch hat der Garten auch viel Einseitiges, es ist kalt drin, man findet nichts als Wald und Felsen...", schränkt er ein. Und er fährt fort: "In Sanspareil ist gewiss so wenig Kunst als möglich, aber ich dachte doch beständig daran, dass ich in einem Garten sei; von jedem Gange wusste ich, er führte mich zu einem andern Felsen. Fände ich von ohngefähr alle diese Partien in einem Walde, o dann würden sie mich unendlich mehr entzücken - ich suchte sie dann - aber in einem Garten läuft mir die Natur gewissermaßen immer mit allen ihren Plätzen nach. Ist die Natur dann so auffallend sonderbar wie hier, grenzt sie so sehr ans Bizarre, dann findet bei mir wirklich kein eigentlicher Genuss der Schönheit statt ... Mit vielen verdorbenen Empfindungen ging ich zum Wirtshause zurück."
Dieses harte Urteil bedarf eines Kommentars. Die Formulierung "fände ich von ohngefähr alle diese Partien in einem Walde", deutet darauf hin, dass die Tagebucheinträge erst später ihre endgültige Formulierung erhielten. Wackenroder und Tieck haben diese "Partien" tatsächlich kurz danach gefunden, und zwar in der seit urweltlichen Zeiten unberührten Felsenlandschaft der Luisenburg. Dazu kommt, dass die beiden Dichter auf der Rückreise vom Fichtelgebirge noch einmal in Sanspareil Rast machen, und Wackenroder spricht auch deutlich aus, dass er seine Meinung inzwischen geändert hat: "Der ganze Wald frappierte mich das erstemal sehr mit seinen überraschenden, mir ganz neuen Szenen. Allein ich fand nachher, ... dass er doch beinahe einen zu eingeschränkten Charakter hat, und bald ermüdet: er ist sehr zauberhaft und feenartig, aber auch nichts mehr, und das Sonderbare, Fremde wird man in der sinnlichen Welt, wie mich dünkt, am ersten überdrüssig."
Unter die Kritiker von Sanspareil ist, so verwunderlich das auf den ersten Blick scheinen mag, auch der Schweizer Dichter Heinrich Zschokke einzureihen. Von ihm sind zwei Beschreibungen überliefert. Einmal die bekanntere "Arkadien oder Gemälde nach der Natur, gesammelt auf einer Reise von Berlin nach Rom" (1796), eine idyllenhaft idealisierende Schilderung, worin der von "colossalischen Felsmassen unterbrochene" Hain als "Wallfahrtsort der Franken" gerühmt wird. Kritischer lässt sich Zschokke in "Meine Wallfahrt nach Paris" (Zürich 1796) vernehmen. Er schreibt, er habe längst von den "Wundern" dieser Gegend gehört, sei mit "gespannten Erwartungen dahin" gezogen und habe sich nicht ganz enttäuscht gefunden. Er erzählt zwar ausführlich die Geschichte der alten Burg und stellt die einzelnen Sehenswürdigkeiten des Gartens mit pedantischer Genauigkeit vor, doch er kann auch eine gewisse Enttäuschung nicht unterdrücken. Der Name Sanspareil, meint er, verspreche im ganzen doch mehr, "als die Sache selbst leistet". Die Phantasie wird vom "Anblick so vieler überraschenden Seltsamkeiten gelähmt; man findet endlich das Schöne nicht mehr halb so schön, als es sein würde, wenn es sich einzeln, an einem besondern Tage uns zur Beschauung anböte. Ein Buch voll der schönsten Sinngedichte, wird zur faden Lektüre, wenn es an einem Vormittage seinen ganzen Inhalt hergeben muss." Der Dichter schwankt zwischen Begeisterung und Ablehnung: "Der eigentliche Lusthain bei Sanspareil ist an sich zu klein, um anhaltend die Neugier zu beschäftigen, wenn er gleich seinen Bewandler nie, ohne eine Reihe schauerlich-angenehmer Empfindungen aufgeweckt zu haben, von sich lässt. Den Fremden müssen daher kleine Spaziergänge in die benachbarten Gegenden schadlos halten."
Für die Geschichte und die ursprüngliche Idee des Gartens hat sich von den Romantikern niemand interessiert. Sie suchen die unverfälschte Natur. Die "zierlichen Häuschen und Tempelchen im Walde auf den höchsten Felsenstücken" werden nur mit ironischen Worten bedacht. "Lass sie zerfallen und zertrümmern, die große Natur bleibt und bedarf keiner Kunst!" ruft Ernst Moritz Arndt. Und sie sind auch zerfallen. Am 25. Mai 1830 zerstörte ein Blitzschlag den Äolustempel. 1832 wurden der hölzerne Tanzsaal und der Küchenbau verkauft. 1835 brach man das "Belvedere", 1839 die Kavaliersgebäude, das Burg- und Markgrafenhaus und die Kapelle ab. Mit Ausnahme des Felsentheaters und des Hainbaus waren bis 1840 alle Gebäude verschwunden. Seit 1951 wurde der Park durch die Bayerische Schlösserverwaltung wieder instand gesetzt, allerdings unter Verzicht auf die abgebrochenen Baulichkeiten.
Die Zeit der Entstehung von Sanspareil bedeutet einen Wendepunkt im Leben der Markgräfin Wilhelmine. Es sind Wochen äußerster seelischer Anspannung. Ihr Gemahl verliebt sich in eine Hofdame, ihr Bruder hüllt sich in Schweigen und zeigt kühle Ablehnung. Sanspareil ist die Insel, auf der Wilhelmine Zuflucht sucht. Aber so, wie sich Telemach den Lockungen der Nymphe Eucharis entreißt, so, wie er alle Abenteuer glücklich besteht und zu seinem Vater heimkehrt, findet auch Wilhelmine zu ihrem Gemahl und zu ihrem königlichen Bruder zurück. Sanspareil bleibt eine Episode. Am 4. Oktober 1758 endet das Leben dieser außerordentlichen Frau. Es ist der gleiche Tag, an dem ihr Bruder die empfindliche Niederlage bei Hochkirch hinnehmen muss. Voltaire hat seiner "geliebten Freundin" die ergreifenden Verse aufs Grab gelegt:
"Dem Meister mag es wohl, dem Genius gelingen,
Im lauten Strom noch unversiegter Klagen
Zu Deinem Bilde sich emporzuschwingen,
Dass es die Engel hehr im Herzen tragen.
Mich bedrückt des Alters Kühle,
Dass ich bebend, was ich fühle,
Auszudrücken kaum vermag.
Zitternd hab' ich nur geschrieben:
"Die hier ruht, verstand zu lieben",
Dir auf Deinen Sarkophag.
(Hans Baier: Fränkische Gärten der Vergangenheit. In: Bayerland. 74 (1972), Nr.9, S. 1 - 26
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Ihr
Hans Baier